Mit dem Gender Pay Gap lässt sich das Verdienstgefälle zwischen Männern und Frauen darstellen – und das betrug 2022 immerhin noch 18 % (7 % nach Bereinigung). In diesem Ratgeber erfahren Sie, wie der Gender Pay Gap zustande kommt, wie er berechnet wird und welche Maßnahmen es gibt.
Das Wichtigste im Überblick:
- Der Gender Pay Gap bezieht sich auf den durchschnittlichen Bruttostundenlohn und erfasst Ungleichheiten in der Bezahlung von Frauen und Männern.
- Den Gender Pay Gap gibt es in zwei Ausführungen: Der unbereinigte Wert erfasst sämtliche Faktoren, die zu einem unterschiedlichen Verdienst führen (z. B. Branche, Bildungsniveau und Berufserfahrung). Aus dem bereinigten Gender Pay Gap hingegen werden diese strukturellen Unterschiede herausgerechnet. Er kann als Maximalwert für geschlechtsspezifische Verdienstdiskriminierung gelten.
- In Deutschland liegt der Gender Pay Gap aktuell bei 18 % (unbereinigt) bzw. 7 % (bereinigt).
Was ist der Gender Pay Gap?
Der Gender Pay Gap ist ein Prozentwert, der den geschlechtsspezifischen Verdienstunterschied beziffert. Der Begriff bezieht sich auf das durchschnittliche Bruttogehalt, das alle Männer und Frauen in Deutschland erzielen. Die wichtigsten Fakten im Überblick:
- Bei den ersten Berechnungen im Jahr 1995 ergab sich ein unbereinigter Gender Pay Gap von 21 %. Das bedeutet, Frauen verdienten durchschnittlich 21 % weniger als Männer.
- Der Gender Pay Gap stellt die Verdienstlücke beim Bruttostundenlohn dar. Die Berechnung erfolgt jährlich durch das Statistische Bundesamt.
- Als wesentliche Faktoren für den Verdienstabstand gelten die Tätigkeit in schlechter bezahlten Berufen/Branchen und die Arbeit in Teilzeit.
- Ein relativ geringer Prozentsatz des Gender Pay Gaps lässt sich auf geschlechterspezifische Verdienstdiskriminierung zurückführen.
Gender Pay Gap – Definition
Der Gender Pay Gap stellt ungleiche Bezahlung auf zwei verschiedene Arten dar:
Der unbereinigte Gender Pay Gap erfasst sämtliche Faktoren, die zu einem niedrigeren Verdienst von Frauen führen. Er spiegelt auch Aspekte wie häufigere Teilzeitarbeit oder Tätigkeit in generell schlechter bezahlten Branchen wider.
Der bereinigte Gender Pay Gap hingegen stellt den unterschiedlichen Verdienst von Frauen und Männern mit jeweils gleichen Voraussetzungen (z. B. Qualifikation, Branche, Berufserfahrung) dar. Er liegt in der Regel deutlich unter dem unbereinigten Gender Pay Gap.
Warum gibt es den Gender Pay Gap?
Ein Großteil des Gender Pay Gaps lässt sich durch die gesellschaftlichen Strukturen erklären. So führt das Statistische Bundesamt rund 63 % des unbereinigten Wertes auf die Art der Analyse selbst zurück.
Besonders maßgeblich ist hierbei der Umstand, dass Frauen vermehrt in generell schlechter bezahlten Berufen, Branchen und Anforderungsniveaus arbeiten. Auch Teilzeitarbeit hat einen großen Einfluss auf die Verdienstlücke.
Gender Pay Gap – Ursachen
Der Gender Pay Gap ist kein neues Phänomen – schon im 19. Jahrhundert erhielten Frauen teilweise einen deutlich geringeren Verdienst als Männer. Für das Verdienstgefälle in heutiger Zeit gibt es verschiedene Ursachen, z. B. dass Frauen:
- häufiger in Branchen und Berufen arbeiten, in denen niedrigere Gehälter als in männerdominierten Branchen gezahlt werden (z. B. Pflege und Erziehung)
- öfter ihre Berufstätigkeit aus familiären Gründen unterbrechen; beim Wiedereinstieg ins Arbeitsleben können sie dann weniger Berufserfahrung vorweisen als Männer
- seltener in Führungspositionen arbeiten
- öfter als Männer einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen
- oft in kleineren Betrieben mit geringerer und/oder nicht tarifgebundener Bezahlung arbeiten
- teilweise in Lohnverhandlungen zurückhaltender sind und seltener nach Gehaltserhöhungen fragen
Laut der Antidiskriminierungsstelle des Bundes beruhen etwa drei Viertel des Gender Pay Gaps auf Gesellschaftsstrukturen. Hierzu zählt z. B. der Umstand, dass Frauen oft in schlechter bezahlten Berufen arbeiten, oder die Erwartung, dass sich eher Mütter als Väter um die Kindererziehung kümmern.
Gender Pay Gap – Folgen
Ein niedriges Einkommen führt im Alltag zu vielerlei Auswirkungen – unmittelbare und langfristige. Dem Gender Pay Gap werden diese Folgen zugeschrieben:
- Höheres Armutsrisiko: Frauen sind aufgrund des geringeren Verdienstes öfter als Männer auf Sozialleistungen angewiesen.
- Begrenzte finanzielle Möglichkeiten: Frauen können weniger Vermögen ansparen.
- Geringerer Anreiz für Berufstätigkeit
Auch die Altersvorsorge ist von der Verdienstungleichheit betroffen. Denn ein niedriges Gehalt im Berufsleben wirkt sich direkt auf die spätere Rentenhöhe aus. Der sogenannte Pension Pay Gap (geschlechterspezifisches Gefälle bei Alterseinkünften) betrug im Jahr 2021 rund 29,9 %.
Info:
In Zusammenhang mit dem Gender Pay Gap ist manchmal auch die Rede von „Female Finance“. Der Begriff steht für eine neue Bewegung, die Wissen rund um Finanzthemen und Geldanlagen speziell für Frauen zugänglich machen möchte.
Wie wird der Gender Pay Gap berechnet?
Für die Berechnung des Gender Pay Gaps brauchen Sie den durchschnittlichen Bruttostundenverdienst von Männern und Frauen. Teilen Sie die Differenz durch den Durchschnittsverdienst der Männer und multiplizieren das Ergebnis mit 100. Beispiel:
- Im Jahr 2018 betrug der durchschnittliche Bruttoverdienst der Männer 21,70 € pro Stunde. Frauen verdienten durchschnittlich 17,33 €.
- Die Differenz beträgt 4,37 €. Diese teilen Sie durch den Stundenverdienst der Männer: 4,37 : 21,70 ergibt gerundet 0,2014.
- Multiplizieren Sie das Ergebnis mit 100, um eine Prozentzahl zu erhalten: 0,2014 x 100 ergibt 20,14 %.
Die Daten zum Durchschnittsverdienst erhielt das Statistische Bundesamt bis 2021 aus den Verdienststrukturerhebungen. Seit 2022 basieren die Berechnungen auf den monatlichen Verdiensterhebungen.
Gemäß der EU-weiten Gender Pay Gap Definition zählen Daten von abhängigen Beschäftigungsverhältnissen aus allen Wirtschaftsbereichen hinzu. Nicht berücksichtigt werden hingegen unter anderem:
- Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern
- Land- und Forstwirtschaft sowie Fischerei
- öffentliche Verwaltung und Verteidigung
Was ist der bereinigte Gender Pay Gap?
Bei der Berechnung der Verdienstlücke können die unterschiedlichen Situationen die Ergebnisse verzerren. Für den bereinigten Gender Pay Gap werden daher Faktoren wie Beschäftigungsform, Bildung, Berufserfahrung und Branche herausgerechnet.
Hinweis:
Auch die bereinigten Werte enthalten immer noch Faktoren, die auf gesellschaftliche Strukturen zurückzuführen sind (z. B. werden die Gründe für Erwerbsunterbrechungen nicht erfasst). Der bereinigte Gender Pay Gap ist daher nicht gleichzusetzen mit einem Wert für Verdienstdiskriminierung.
Hinweis:
Seit 2022 verwendet das Statistische Bundesamt für die Berechnung eine neue Datenquelle. Daher sind die Ergebnisse nur bedingt mit den Werten aus den Vorjahren vergleichbar.
In den östlichen Bundesländern ist der unbereinigte Gender Pay Gap deutlich niedriger als in den westlichen Bundesländern. So betrug er 2022 in Ostdeutschland nur 7 %, in Westdeutschland hingegen 19 %. Als Hauptursache gilt der Umstand, dass die klassische Rollenverteilung in den neuen Bundesländern weniger präsent ist und es mehr Betreuungsangebote für Kinder gibt.
Wie hoch ist der bereinigte Gender Pay Gap?
Der bereinigte Gender Pay Gap in Deutschland lag 2022 bei 7 %. Auch hier gab es einen Unterschied zwischen Ost und West: In Ostdeutschland lag der bereinigte Gender Pay Gap bei 9 %, in Westdeutschland bei 6 %.
Wie hoch ist der Gender Pay Gap in Deutschland?
Mit Werten von 18 % (unbereinigt) bzw. 7 % (bereinigt) ist der Gender Pay Gap in Deutschland vergleichsweise hoch. Im EU-Vergleich lag Deutschland laut Eurostat im Jahr 2021 mit 17,6 % auf dem 3. Platz. Nur in Estland (20,5 %) und Österreich (18,8 %) war der Verdienstabstand zwischen Männern und Frauen höher.
Info:
Den besten Wert erzielte Luxemburg mit minus 0,2 %, gefolgt von Rumänien mit einem geschätzten Wert von 3,6 %.
Was kann man gegen den Gender Pay Gap machen?
Verschiedene Maßnahmen sind in Planung oder werden bereits umgesetzt, um den Gender Pay Gap zu verringern:
- Verbesserte Betreuungsangebote für Kinder
- ElterngeldPlus
- Entgelttransparenzgesetz
- Mindestlohn (Frauen arbeiten häufiger als Männer in Bereichen mit geringfügiger Bezahlung)
- Quotenregelung für Führungspositionen
- Gleichstellungscheck, mit dem neue Gesetze hinsichtlich ihrer Auswirkung auf die Gleichberechtigung geprüft werden
Was ist der Equal Pay Day?
Der Equal Pay Day (auch Gender Pay Day) findet einmal im Jahr als Tag der Entgeltgleichheit statt. Mit dem Aktionstag soll die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern ins Bewusstsein rücken. Genauer gesagt:
- Die Idee zum Equal Pay Day stammt aus den USA. Im Jahr 2008 fand der Aktionstag erstmals in Deutschland statt. Für die Einführung war der Verband Business and Professional Women (Netzwerk für berufstätige Frauen und Unternehmerinnen) verantwortlich.
- Der Equal Pay Day markiert den Tag, bis zu dem Frauen hätten arbeiten müssen, um für das vorangegangene Jahr das gleiche Gehalt wie ihre männlichen Kollegen zu erzielen.
- Meist findet der Equal Pay Day im März statt. Das genaue Datum wird jedes Jahr von Neuem festgelegt, denn es hängt von der Höhe des Gender Pay Gaps des jeweiligen Landes ab.
- 2024 fällt der Equal Pay Day voraussichtlich auf den 6. März – einen Tag früher als 2023, was jedoch dem Schaltjahr geschuldet ist und nicht etwa eine Verbesserung der Gleichstellung darstellen soll.
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