Weiße Socken in Badeschlappen, Feinripp-Unterhemden und karierte Badehosen in unmittelbarer Umgebung eines Liegestuhls vor einem kantigen Wohnwagen sind möglicherweise die ersten Bilder, die sich vor unserem geistigen Auge zum Thema Campingplatz abspielen. Mit Gartenzwerg und Plastik-Bambi vor der Haus- oder besser gesagt Vorzelt-Tür hüten und pflegen Camper mit großer Liebe zum Detail tagein tagaus ihre kleine, parzellierte Rasenfläche, als wenn es nichts Schöneres auf der Welt gäbe. Wo bleibt da die Abwechslung? Warum sich mit all den unzähligen Möglichkeiten, die wir heute zur Verfügung stehen haben, mit einem Platz neben vielen anderen begnügen? Sagen wir es mal so … es hat sich viel verändert!
Warum Mobilheim, wenn es Flugzeuge gibt?
Wie war das denn früher nochmal? War Camping nicht etwas für diejenigen, die sich nichts anderes leisten konnten? Oder die sich nicht über die Grenzen Europas hinaus trauten und es bevorzugten, wie eine Schnecke ihr mobiles Heim gleich mit sich herumzutragen? Wie dem auch sei, die meisten Menschen konnten diese Camper nicht verstehen; erst recht nicht, seitdem es Flugzeuge gibt, die uns in nur wenigen Stunden in eine verlockende, fremde Welt verfrachten. Mit Wohnmobil oder Wohnwagen erreicht man das weit entfernte Asien schließlich nur äußerst beschwerlich und Zelten ist ebenso unbequem wie unsicher, zumal sich ohnehin die Frage stellt, warum man sich nachts mit dünnen Nylon-Wänden umgeben sollte, wenn man ein weiches Hotelbett haben kann. Warum also in Deutschland oder Europa bleiben, wenn die Ferne nach uns ruft?
Während die Camper ihrer Vorliebe für das mobile Heim draußen in der freien Natur treu geblieben sind, hat es uns im Laufe der Jahre in die weite Welt verschlagen. Wir haben in Thailand am Strand gelegen und uns auf einer kleinen Insel Kokosnüsse vom Baum holen lassen, wir sind mit offenem Mund durch die von riesigen Hochhäusern gesäumten Straßen New Yorks gelaufen und wild fotografierend hinter kleinen Pinguinen in Südafrika hergelaufen, um unsere abenteuerlichen Erlebnisse nach der Reise bei unseren Lieben daheim entsprechend dokumentieren zu können.
Zurück zur Natur - im wahrsten Sinne des Wortes
Immer mehr Menschen sehnen sich in diesem schnelllebigen Alltag nach Ruhe. Stille ist zu einem seltenen Gut geworden und man findet sie in der Regel genau dort, wo es keine Technik gibt: in der Natur! Und plötzlich wird das, was der Anti-Spießer, Digitalfreak und Weitgereiste bisher in hohem Maße ablehnte, zu einer höchst erstrebenswerten Reiseart: Camping! Sich einfach ins Auto zu setzen, nach Lust und Laune an einem schönen Fleck anzuhalten, sein Zelt aus dem Kofferraum zu holen und aufzubauen, bietet eben wesentlich mehr individuelle Freiheit als einen Flug und ein unbekanntes Hotel mit langer Vorausplanung buchen zu müssen. Am See sitzen, Steine ins Wasser werfen, am Lagerfeuer sitzen, die Vögel zwitschern hören, in der Dämmerung Fledermäuse beobachten - all das ist inzwischen alles andere als uncool, denn das ist im Gegensatz zu den ständig wachsenden, virtuellen Erlebniswelten wirklich echt und lebendig.
Dieser Entwicklung entsprechend hat sich auch das Klientel der Campingplätze deutlich verändert. Neben den klassischen Wohnwagen reihen sich inzwischen immer häufiger individuell umgebaute Transporter, VW-Busse aller Altersklassen, klapprig wirkende Hymer-Oldtimer, sportliche Landrover mit Hubdach und Zelte in allen erdenklichen Farben, Formen und Größen aneinander. Ebenso dürfte sich der Altersdurchschnitt deutlich nach unten orientiert haben, denn das Rentner-Camper-Klischee hat sich längst verabschiedet. Heute bringen Eltern ihren Kindern bewusst die Natur wieder näher, Paare lieben die langen Spaziergänge am Strand, junge Leute sitzen abends beim flackernden Lagerfeuer am See und die luxuriös ausgestatteten Wohnmobilfahrer genießen ihren Stellplatz in der Nähe des Flusses auf der Durchreise.
Zu guter Letzt wird man vermutlich erst nach einiger Zeit feststellen, dass viele Campingplätze an einzigartigen Orten stehen, deren Preise man bei einem Hotel in vergleichbarer Lage nicht bezahlen könnte: direkt am Ufer eines Sees, mit grandiosem Ausblick über die Berge oder mitten im Wald zwischen hohen Bäumen. Retrospektiv sollten wir den „spießigen Campern“ von damals dankbar sein, dass sie ihrer Leidenschaft so lange treu geblieben sind und wir heute an dieser wunderbaren und kultigen Form des Reisens teilhaben können.
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