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Vorfälligkeitsentschädigung

Vorzeitig aus dem Kredit aussteigen

Wer vorzeitig eine Baufinanzierung kündigt, muss oftmals mit einer saftigen Vorfälligkeitsentschädigung rechnen.

Junges Ehepaar sitzt mit einer Bankberaterin am Schreibtisch.

Eine klassische Baufinanzierung läuft oft über 10 oder mehr Jahre – eine vorzeitige Kündigung ist dabei nicht vorgesehen. Wer dennoch seinen Kredit vorzeitig ablösen möchte, muss meist eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen: ein Schadensersatz in Höhe von mehreren Tausend Euro. In diesem Ratgeber erfahren Sie, wie Sie Ihre Vorfälligkeitsentschädigung berechnen und wann die Bank sie erheben darf.

Das Wichtigste im Überblick:

  • Mit der Vorfälligkeitsentschädigung entschädigen Sie die Bank für entgangene Zinsen bei einer vorzeitigen Kreditablösung.
  • Bei einer Baufinanzierung beträgt die Vorfälligkeitsentschädigung in der Regel ca. 5 bis 10 % der verbleibenden Restschuld.
  • Vorzeitig aus einer Immobilienfinanzierung aussteigen können Sie nur unter bestimmten Voraussetzungen, etwa beim Verkauf der Immobilie.

Was ist eine Vorfälligkeitsentschädigung?

Eine Vorfälligkeitsentschädigung müssen Sie Ihrer Bank zahlen, wenn Sie eine Baufinanzierung oder einen anderen Kredit vorzeitig zurückbezahlen. Denn durch die vorgezogene Ablösung entgehen der Bank Einnahmen durch Zinsen. Mit der Vorfälligkeitsentschädigung leisten Sie gewissermaßen Schadensersatz. Im Detail:

  • Wenn Sie einen Darlehensvertrag unterschreiben, akzeptieren Sie die sogenannte Sollzinsbindung. Damit erklären Sie sich bereit, Ihren Kredit über einen festgelegten Zeitraum (meist 10 oder mehr Jahre) ganz oder teilweise abzubezahlen.
  • Während dieser Zeit zahlen Sie Zinsen auf die verbleibende Kreditsumme. Durch diese Zinsen wird das Geschäft für die Bank profitabel; sie macht Gewinn.
  • Ein vorzeitiger Ausstieg aus dem Vertrag ist in der Regel nicht vorgesehen. Ist die Kündigung dennoch unumgänglich, erheben Banken die sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung, auch Vorfälligkeitszinsen genannt. Damit sollen Sie die Bank für deren Verlust entschädigen.

Warum erheben Banken eine Vorfälligkeitsentschädigung?

Vorfälligkeitsentschädigungen dienen der Bank als Schadensersatz. Sie will damit die Verluste ausgleichen, die ihr durch einen zu früh abbezahlten Kredit entstehen. Das steckt dahinter:

  • Bei einer herkömmlichen Baufinanzierung erhalten Sie von der Bank den Kredit, für den Sie eine Art Leihgebühr (= Zinsen) bezahlen.
  • Aus Sicht der Bank sieht es so aus: Die Bank hat einen Teil ihres Geldes zu einem festen Zinssatz bei Ihnen angelegt. Für 100.000 € Kreditsumme mit einem Zinssatz von 2 % würde die Bank z. B. im ersten Jahr 2.000 € von Ihnen bekommen.
  • Wenn Sie nun das Geld vorzeitig wieder zurückgeben, bringen Sie damit die Bank um ihre Rendite. Diese aber haben Sie der Bank im Darlehensvertrag zugesichert.
  • Aus diesem Grund ist die Bank berechtigt, Ihnen den entgangenen Profit in Form einer Vorfälligkeitsentschädigung in Rechnung zu stellen.

Wann kann ich einen Immobilienkredit vorzeitig ablösen?

Die vorzeitige Ablösung eines Kredites ist in der Regel mit der Kündigung des Kreditvertrags verbunden. Und diese ist nur möglich, wenn Sie ein berechtigtes Interesse nachweisen können. Dazu zählen 2 Situationen:

  • Sie verkaufen die finanzierte Immobilie.
  • Sie möchten Ihr Darlehen erhöhen, was Ihre Bank jedoch ablehnt.

Auch bei einer vertraglich zugesicherten Ausstiegsoption können Sie vor Laufzeitende kündigen. In anderen Fällen, etwa bei einer unverhofften Erbschaft oder Arbeitslosigkeit, haben Sie kein Recht auf Kündigung des Vertrags. Diese wäre nur mit Zustimmung Ihrer Bank möglich.

Hinweis

Wenn Sie ohne berechtigtes Interesse mit Billigung Ihrer Bank aus dem Kredit aussteigen, darf Ihre Bank eine wesentlich höhere Vorfälligkeitsentschädigung erheben. Diese darf bis zum Doppelten des tatsächlich entstandenen Schadens betragen.

Vorfälligkeitsentschädigung und Umschulden

In manchen Situationen kann es finanziell attraktiv sein, einen Kredit umzuschulden: ihn bei der alten Bank vorzeitig abzulösen und auf eine andere Bank zu übertragen. Kreditnehmer können dadurch von besseren Konditionen profitieren. Allerdings sollten Sie beachten:

  • Die Umschuldung gilt nicht als berechtigtes Interesse für eine Vertragskündigung. In der Regel kommen Sie daher vor Ablauf der 10 Jahre nicht aus Ihrem Kreditvertrag.
  • Ausnahmen gibt es kurz vor Ende der Zinsbindung: Wenn von Ihrer Vertragslaufzeit weniger als 1 Jahr übrig ist, lassen sich einige Banken auf eine vorgezogene Kündigung ein: Sie können Ihren Kredit vorzeitig ablösen und umschulden.
  • In diesem Fall berechnet Ihnen Ihre Bank jedoch eine Vorfälligkeitsentschädigung. Bedenken Sie, dass dies die Ersparnis durch die Umschuldung schmälert.

Wie kann ich einen Kredit vorzeitig ablösen?

Wenn Sie einen Immobilienkredit vorzeitig ablösen möchten, können Sie folgendermaßen vorgehen:

  1. Prüfen Sie Ihren Kreditvertrag oder wenden Sie sich direkt an die Bank: Klären Sie, ob alle Voraussetzungen für einen Abbruch der Finanzierung gegeben sind.
  2. Lassen Sie sich die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung berechnen. Für diese Auskunft darf Ihre Bank keine Gebühren erheben.
  3. Wenn Sie sich für den Ausstieg entschieden haben, kündigen Sie Ihren Darlehensvertrag schriftlich. Bei klassischen Baufinanzierungen gilt eine Kündigungsfrist von 6 Monaten.
  4. Anschließend erhalten Sie von Ihrer Bank eine Frist für die Zahlung der Restschuld und der Vorfälligkeitsentschädigung.
Auf einem Tisch liegt ein Stapel Münzgeld.

Wie hoch ist die Vorfälligkeitsentschädigung in der Regel?

Für die Berechnung der Vorfälligkeitszinsen gibt es nur wenige gesetzliche Vorgaben. Bei einem Immobilienkredit beträgt die Höhe in den meisten Fällen zwischen 5 und 10 % der offenen Kreditsumme.

Info

Strengere Deckelungen für die Vorfälligkeitsentschädigung gibt es nur beim klassischen Ratenkredit: Beträgt die Restlaufzeit weniger als 12 Monate, darf Ihnen die Bank hier maximal 0,5 % der Restsumme berechnen. Bei längerer Restlaufzeit liegt die Grenze bei 1 % der Restschuld.

Für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung sind 2 Werte wichtig:

  • Die Rendite, die die Bank vom Kreditnehmer ohne Vertragskündigung erhalten hätte.
  • Die Rendite, die die Bank mit dem zurückgezahlten Darlehen in Pfandbriefen (Aktiv-Passiv-Methode) oder bei einer erneuten Finanzierung zu niedrigerer Verzinsung (Aktiv-Aktiv-Methode) bekommen kann.

Die Höhe der Vorfälligkeitszinsen ergibt sich aus der Differenz. Meist entscheiden sich Banken für die Aktiv-Passiv-Methode. Wichtig für die Berechnung sind zudem die folgenden Faktoren:

  1. die noch ausstehende Restschuld
  2. die verbleibende Laufzeit der Finanzierung
  3. die vertraglich vereinbarte Zinshöhe
  4. das aktuelle Zinsniveau

Weitere Faktoren

Darüber hinaus können weitere Faktoren die Summe zu Ihren Gunsten nach unten korrigieren:

  • eingesparte Verwaltungskosten: oft etwa 50 bis 60 € pro Jahr
  • eingesparte Risikokosten (Zinsaufschlag, mit dem sich die Bank gegen Zahlungsausfall absichert): meist zwischen 0,05 und 0,15 % der Restschuld
  • noch nicht genutzte Sondertilgungen (falls vertraglich vereinbart)

Zudem kann die Bank eine Bearbeitungsgebühr für die Berechnung verlangen. Diese beträgt häufig zwischen 100 und 300 €.

Vorsicht

Bedenken Sie hierbei, dass diese Posten je nach Bank variieren können.

Wann lohnt es sich, ein Darlehen vorzeitig abzulösen?

Die vorzeitige Ablösung eines Darlehens lohnt sich nur dann, wenn Ihre Ersparnis die Vorfälligkeitsentschädigung übersteigt. Möglich ist dies z. B., wenn Sie bei einer anderen Bank ein Darlehen zu wesentlich günstigeren Konditionen erhalten würden. Beachten Sie, dass Sie für die Kündigung in diesem Fall die Zustimmung Ihrer ersten Bank benötigen.

Wie kann ich die Vorfälligkeitsentschädigung berechnen?

Am einfachsten ist die Berechnung der Vorfälligkeitszinsen mit einem Online-Rechner. Im Internet finden Sie hierzu verschiedene Angebote. Wenn Sie Ihre Vorfälligkeitsentschädigung selbst berechnen möchten, gehen Sie so vor:

  1. Zunächst ermitteln Sie die Höhe der Zinsen, die der Bank durch die Kündigung entgehen.
  2. Anschließend berechnen Sie, welche Rendite Ihre Bank mit der zurückbezahlten Restsumme durch Pfandbriefe erzielen kann. Hierfür benötigen Sie das aktuelle Zinsniveau, das Sie z. B. bei der Bundesbank erfahren.
  3. Im letzten Schritt fügen Sie Ihrer Berechnung weitere Faktoren wie eingesparte Verwaltungskosten und die Bearbeitungsgebühr hinzu.

Generell gilt: Je niedriger die Zinsen für Pfandbriefe, umso höher wird die Vorfälligkeitsentschädigung.

Info

Unabhängig von der tatsächlichen Laufzeit Ihres Vertrags können Sie eine Baufinanzierung nach 10 Jahren ohne Vorfälligkeitsentschädigung kündigen. Für die Berechnung gehen Sie daher immer von einer Laufzeit von 10 Jahren aus.

Vorfälligkeitsentschädigung berechnen – Schritt 1

Zunächst errechnen Sie den Zinsschaden Ihrer Bank, also die Summe, die ihr durch die vorzeitige Kündigung entgehen wird. Hierfür brauchen Sie Ihren Tilgungsplan. So gehen Sie vor:

  1. Berechnen Sie die Gesamthöhe der Zinsen, die Sie für die verbleibende Restlaufzeit an Ihre Bank zahlen würden. Addieren Sie hierfür die angegebenen Zinsen aus Ihrem Tilgungsplan für die verbleibenden Jahre bis zum Ende der Laufzeit.
  2. Entnehmen Sie Ihrem Tilgungsplan zudem die Restschuld. Unter Umständen müssen Sie getätigte Sondertilgungen noch abziehen.
  3. Ziehen Sie zudem die maximale Höhe möglicher Sondertilgungen für die verbleibende Laufzeit ab.
  4. Ermitteln Sie aus der errechneten Restschuld die mögliche Rendite bei einer Anlage in Pfandbriefen zum aktuellen Zinsniveau.

Nun haben Sie den Zinsschaden, der die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung wesentlich beeinflusst. Im nächsten Schritt ergänzen Sie Ihre Berechnung um weitere Faktoren.

Vorfälligkeitsentschädigung berechnen – Schritt 2

Wenn Sie den Zinsschaden errechnet haben, müssen Sie weitere Faktoren in Ihre Berechnung miteinfließen lassen. Folgende Posten können Sie vom errechneten Zinsschaden abziehen:

  • Verwaltungskosten: Multiplizieren Sie die angegebenen Kosten mit der Restlaufzeit, z. B. 60 € x 2 Jahre = 120 €.
  • Risikokosten: Errechnen Sie die Einsparungen Ihrer Bank (z. B. 0,1 % der Restschuld).

Fügen Sie der errechneten Summe anschließend noch die Bearbeitungsgebühren hinzu. Das Ergebnis stellt die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung dar, auf die Sie sich einstellen sollten.

Rechenbeispiel

In diesem Beispiel geht es um einen Immobilienkredit in Höhe von 300.000 €, den der Kreditnehmer nach 7 Jahren vorzeitig ablösen möchte. Die Laufzeit beträgt 10 Jahre mit einem Zinssatz in Höhe von 3,83 %. Die monatliche Rate liegt bei 1.500 €. Sondertilgungen sind jährlich in Höhe von 10.000 € möglich. Daraus ergibt sich:

  • Nach 7 Jahren verbleibt eine Restschuld in Höhe von rund 245.835 €.
  • Von der Restschuld werden die maximal möglichen Sondertilgungen für die verbleibenden Jahre (3 x 10.000 €) abgezogen = 215.835 €.
  • Für die Bank ergibt sich bei einer Kündigung nach 7 Jahren ein Zinsverlust von 24.724 €.
  • Beispielhaftes Zinsniveau bei Pfandbriefen: 2,00 %. Mit einer Restschuld von 215.835 € ließe sich mit Pfandbriefen über einen Zeitraum von 3 Jahren eine Rendite von rund 13.211 € erzielen.

Der Zinsschaden beträgt somit 11.513 € (24.724 € - 13.211 €). Nun fügen Sie der Rechnung noch die weiteren Faktoren hinzu:

  • Eingesparte Verwaltungskosten in Höhe von 60 € pro Jahr: - 180 €
  • Eingesparte Risikokosten in Höhe von jährlich 0,1 % der Restschuld: ca. - 648 €
  • Bearbeitungsgebühren: + 200 €

Daraus ergibt sich eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von rund 10.885 €.

Werden Zinsen bei der Kreditablösung fällig?

Mit der Vorfälligkeitsentschädigung sind Zinsen für die verbleibende Restlaufzeit bereits abgegolten. Sie müssen darüber hinaus keine weiteren Zinsen zahlen.

Wann darf die Bank keine Vorfälligkeitszinsen verlangen?

In folgenden Fällen darf Ihnen die Bank keine Vorfälligkeitsentschädigung in Rechnung stellen:

  • 10 Jahre nach der vollständigen Auszahlung der Kreditsumme: Unabhängig von der Vertragslaufzeit können Sie ohne Vorfälligkeitsentschädigung nach 10 Jahren (+ 6 Monate Kündigungsfrist) kündigen.
  • Wenn die Bank den Kredit selbst gekündigt hat, z. B. bei Zahlungsverzug des Kreditnehmers
  • Wenn in Ihrem Vertrag Angaben zu Laufzeit, Kündigungsrecht oder Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung fehlen (gilt nur für Verträge, die nach dem 21. März 2016 geschlossen wurden).
  • Wenn die Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht, können Sie ohne Vorfälligkeitszinsen Ihr Darlehen widerrufen.
  • Wenn Sie Ihre Immobilie durch einen Bausparvertrag oder ein Darlehen mit variabler Verzinsung finanziert haben.
  • Wenn Sie die finanzierte Immobilie verkaufen, der Käufer aber die bestehende Finanzierung übernimmt (Schuldnertausch).

Zudem ist es unter Umständen möglich, die Finanzierung auf eine andere Immobilie zu übertragen. Wenn Sie z. B. Ihre alte Immobilie verkaufen, um eine neue zu erwerben (Objekttausch).

Kann ich bei der Vorfälligkeitsentschädigung verhandeln?

Sie können durchaus mit Ihrer Bank über die Vorfälligkeitsentschädigung verhandeln. Allerdings ist die Bank nicht verpflichtet, auf Angebote einzugehen oder Zugeständnisse zu machen.

Wo kann ich die Vorfälligkeitsentschädigung prüfen lassen?

Die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung können Sie unkompliziert mit einem Online-Rechner überprüfen. Genauere Ergebnisse erhalten Sie, wenn Sie einen Gutachter beauftragen. Hier können Ihnen z. B. die Verbraucherzentralen weiterhelfen.

Info

Für die Überprüfung einer Vorfälligkeitsentschädigung verlangen die Verbraucherzentralen in der Regel eine Gebühr von 70 oder 80 €.

Wie lange kann man die Vorfälligkeitsentschädigung zurückfordern?

Generell haben Sie 3 Jahre Zeit, um die Vorfälligkeitszinsen von Ihrer Bank zurückzufordern. Dies ist z. B. möglich, wenn Ihrer Bank bei der Berechnung Fehler unterlaufen sind oder die Entschädigung zu Unrecht erhoben wurde.

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