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Muss ein Azubi für Schäden aufkommen?

Haftung für Fehler

Jeder macht mal einen Fehler. Aber wenn sie in der Ausbildung passieren, muss jemand dafür haften. Sind das dann die Azubis?

Mann und Jugendlicher in Schutzkleidung arbeiten an einer Maschine zur Holzverarbeitung.

Rechtsfrage des Tages:

Stellen Sie sich vor, Sie haben eine Ausbildung begonnen und geben sich Mühe, alles richtigzumachen. Trotzdem geht etwas schief. Haften Sie als Azubi für Schäden, die Sie am Eigentum Ihres Ausbilders verursachen?

Antwort:

Ein altes Sprichwort sagt: "Wo gehobelt wird, fallen Späne." Natürlich kann es jedem trotz größter Sorgfalt passieren, dass bei der Arbeit etwas zu Bruch geht. Ob Sie als Azubi für einen Schaden haften, richtet sich nach den gleichen Maßstäben wie bei anderen Angestellten. Dabei kommt es auf den Grad des Verschuldens an.

Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit

Die Rechtsprechung unterscheidet zwischen leichter, mittlerer und grober Fahrlässigkeit sowie Vorsatz. Machen Sie absichtlich etwas kaputt, vielleicht weil Sie auf Ihren Ausbilder böse sind, haften Sie voll für den verursachten Schaden. Gleiches gilt für grobe Fahrlässigkeit. Lassen Sie aus völlig unverständlichen Gründen die Sorgfalt außer Acht, die jedem einleuchten muss, müssen Sie für den Schaden einstehen. Ein Beispiel ist ein verschuldeter Unfall, den Sie stark alkoholisiert verursacht haben.

Haftungsteilung

Mittlere Fahrlässigkeit ist schon etwas schwieriger einzuordnen. Hierunter können Sie Missgeschicke verstehen, die zwar eigentlich nicht passieren dürften, die aber dennoch nachvollziehbar sind. Im Falle der mittleren Fahrlässigkeit findet eine Haftungsteilung zwischen Ihnen und Ihrem Ausbilder statt. Diese richtet sich nach dem Grad des Verschuldens.

Kleines Malheur

Bei einem Malheur im Sinne leichter Fahrlässigkeit müssen Sie Ihrem Ausbilder keinen Schadensersatz leisten. Beschädigungen durch Fehler, die jedem mal passieren können, werden von der Haftung ausgenommen. Hat Ihr Chef Ihnen gestattet, am Arbeitsplatz Kaffee zu trinken, dürfte der verschüttete Kaffee wohl eher als leichte Fahrlässigkeit einzustufen sein.

Haftung gegenüber Dritten

Die gleichen Grundsätze gelten, wenn der Schaden einem außenstehenden Dritten zugefügt wird. Bei leichter Fahrlässigkeit muss der Ausbilder für die Schäden aufkommen. Bei mittlerer Fahrlässigkeit kommt eine Haftungsteilung in Betracht. Nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit muss der Azubi für sein Fehlverhalten allein einstehen.

Besonderheit Ausbildung

Eine Besonderheit gibt es bei Auszubildenden allerdings doch. Sie haften nämlich nur, wenn Sie aufgrund Ihrer Einsichtsfähigkeit, Ihrer Erfahrung und Ihrem Ausbildungsstand in der Lage gewesen wären, den Schaden zu vermeiden. Ihr Ausbilder hat eine erhöhte Pflicht, Sie einzuweisen und zu beaufsichtigen. Sind ihm dabei Fehler beispielsweise bei der Organisation anzulasten, haftet er selbst zumindest anteilig für den Schaden, den der Azubi verursacht hat.

Keine Aufrechnung mit Vergütung

Übrigens darf der Ausbilder nicht einfach so die Ausbildungsvergütung einbehalten. Eine Aufrechnung von Schadensersatzansprüchen mit der Vergütung darf er nur oberhalb der Pfändungsfreigrenze vornehmen. Diese liegt derzeit bei 1.402 Euro und ab 1. Juli 2024 1.492 Euro. Meistens erhalten Azubis eine deutlich geringere Ausbildungsvergütung. Eine Aufrechnung ist dann nicht möglich. Eine Ausnahme gilt nur bei vorsätzlichen Beschädigungen. Dann muss der Ausbilder nur beachten, dass Ihnen von Ihrer Vergütung zumindest das Existenzminimum verbleibt. Als Grenze wird meist ein Betrag angenommen, der bei drei Monatsvergütungen liegt.

Überfordert?

Haben Sie das Gefühl, dass Ihnen zu schwierige Aufgaben aufgebürdet werden? Dann sollten Sie unbedingt mit Ihrem Ausbilder ein klärendes Gespräch führen. Natürlich ist das leichter gesagt als getan. Sie können sich auch zunächst vertrauensvoll an Ihren Berufsschullehrer wenden. Dieser kann Ihnen Tipps geben und vielleicht zwischen Ihnen und Ihrem Chef vermitteln. Letztlich können Sie auch mit den Ausbildungsberatern Ihrer Kammer Kontakt aufnehmen. Werden Sie lieber aktiv, bevor Sie sich überfordert fühlen und Ihnen ein Fehler passiert.

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