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Kann die Probezeit verlängert werden?

Eine zweite Chance

Die Vereinbarung einer Probezeit ist in Arbeitsverträgen absolut üblich. Was aber, wenn die Zeit zum gegenseitigen Kennenlernen nicht reicht?

Ein Mann und eine Frau schneien zusammen Holzbohlen in einer Werkstatt zurecht.

Rechtsfrage des Tages:

Zu Beginn eines neuen Arbeitsverhältnisses wissen beide Seiten noch nicht, ob alles passt. Meist finden Sie im Arbeitsvertrag daher zunächst eine Probezeit, die allerdings nicht immer ausreicht. Kann der Chef die Zeitspanne einfach verlängern?

Antwort:

Ein neues Arbeitsverhältnis ist für beide Seiten ein gewisses Risiko. Kennen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht, beispielsweise aus einer vorherigen Ausbildung oder Beschäftigung vielleicht mit anderem Schwerpunkt, möchte der Chef zunächst eine gewisse Zeit Leistungsbereitschaft und Können des neuen Arbeitnehmers prüfen. Dieser wiederum hat auch ein Interesse daran, Vorgesetzte und Kollegen kennenzulernen und zu schauen, ob die neue Arbeit gefällt. Reicht die Probezeit hierfür nicht aus, kann sie unter bestimmten Voraussetzungen verlängert werden.

Kurze Kündigungsfrist

Arbeitgebern bietet das Gesetz die Möglichkeit, während einer vertraglich vereinbarten Probezeit das Arbeitsverhältnis vereinfacht, ohne Angabe von Gründen, zu kündigen. Die Kündigungsfrist beträgt nur zwei Wochen. Eine Probezeit darf maximal sechs Monate dauern. Während dieser Zeit kann der Betrieb den neuen Arbeitnehmer auf Herz und Nieren prüfen. Passt er ins Team? Ist er bereit, Einsatz zu zeigen? Kommt er mit den Aufgaben zurecht? Im Idealfall geht die Probezeit stillschweigend in das feste Arbeitsverhältnis über.

Wenn es länger dauert

Manchmal reicht die Zeit aber nicht aus, um sich ausreichend "zu beschnuppern". Verlängert der Arbeitgeber einseitig die Probezeit über die sechs Monate hinaus, greift § 1 Absatz 1 Kündigungsschutzgesetz: Ist der Arbeitnehmer mehr als sechs Monate beschäftigt, muss die Kündigung sozial gerechtfertigt sein. So könnte der Arbeitnehmer nur aus Gründen in der Person, des Verhaltens oder des Betriebs gekündigt werden. Dies gilt, wenn der Arbeitgeber regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt. Außerdem gilt für den Arbeitgeber nach Ablauf des sechsmonatigen Zeitraums der Probezeit die gesetzliche oder tarifliche Kündigungsfrist. Stimmt die Chemie dann doch nicht, kann die Trennung vom Arbeitnehmer deutlich schwerer sein.

Gut zu wissen ...

Arbeiten im Betrieb zehn oder weniger Arbeitnehmer, gilt der Kündigungsschutz nicht. Die Berechnung erfolgt dabei nicht nach Anzahl der Personen, sondern gestaffelt nach Arbeitszeiten. Eine Kündigung kann in Kleinbetrieben ohne Angabe von Gründen erfolgen. Willkürlich oder aus sachfremden Motiven darf sie trotzdem nicht erfolgen.

Zweite Chance

Müssen Arbeitgeber jetzt ihrem neuen Angestellten quasi auf Verdacht kündigen, wenn sie sich noch nicht ganz sicher sind? Vielleicht verliert der Betrieb dadurch einen wertvollen Mitarbeiter, der einfach noch etwas mehr Zeit zur Eingewöhnung braucht. Oder der neue Arbeitnehmer war längere Zeit erkrankt und konnte noch gar nicht sein volles Potenzial zeigen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hält zwei Möglichkeiten parat (Urteil vom 07.03.2002, Aktenzeichen: 2 AZR 93/01). Arbeitgeber können nämlich entweder das Arbeitsverhältnis mit einer erweiterten Kündigungsfrist kündigen. Oder sie schließen mit dem Arbeitnehmer einen speziellen Aufhebungsvertrag.

Wussten Sie, dass ...

… Arbeitnehmer zustimmen müssen, wenn eine zunächst vereinbarte kürzere Probezeit von beispielsweise drei Monaten auf die gesetzliche maximale Dauer von sechs Monaten verlängert werden soll?

Kündigung mit verlängerter Frist

Damit der Angestellte der Firma trotzdem bestenfalls erhalten bleibt, müssen Arbeitgeber bei einer Kündigung einiges beachten. Dem Arbeitnehmer müssen sie innerhalb der Probezeit kündigen, aber nicht mit der kurzen Kündigungsfrist. Stattdessen wählt der Arbeitgeber eine verlängerte Frist, in der der Angestellte die Chance zur Bewährung noch einmal nutzen kann. Die Frist muss allerdings unterhalb der längsten tariflichen oder gesetzlichen Kündigungsfrist liegen. Zu lang sollte die Frist auch nicht sein, damit sie noch als angemessen zur Erprobung gilt. Vergessen darf der Arbeitgeber nicht, die Kündigung mit einer aufschiebend bedingten Zusage auf Wiedereinstellung zu verbinden. Dann kann der Arbeitnehmer nach erfolgreicher Bewährungsprobe das Arbeitsverhältnis fortsetzen. Klappt es nicht mit der Zusammenarbeit, wird die Kündigung wirksam.

Aufhebungsvertrag

Ähnlich funktioniert die Variante mit einem Aufhebungsvertrag. Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses binnen einer Frist, die über der Kündigungsfrist der Probezeit, aber unterhalb der längstmöglichen Kündigungsfrist liegt. Auch ein solcher Aufhebungsvertrag ist nur möglich, wenn der Arbeitnehmer weiter erprobt werden soll und der Arbeitgeber eine bedingte Wiedereinstellungszusage abgibt. Der Arbeitnehmer hat hier allerdings wie immer das Risiko, von der Bundesagentur für Arbeit mit einer Sperre beim Arbeitslosengeld belegt zu werden, sollte es nicht mit der Bewährung klappen.

Nicht ohne Risiko

Was zunächst insgesamt nachteilig für den Arbeitnehmer klingt, ist aber auch für den Arbeitgeber nicht risikolos. Wird aus der Fortsetzung nichts, kann der Arbeitnehmer seine "Bewährungszeit" nämlich gerichtlich überprüfen lassen. Ist er der Ansicht, seine Arbeit gut gemacht zu haben, kann der Arbeitgeber durchaus in Erklärungsnot kommen.

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