
Rechtsfrage des Tages:
Wer für den Abschluss seiner Ausbildung ein Gesellenstück fertigen muss, weiß, wie viel Arbeit und Herzblut in diesem Werk stecken. Verständlich, dass die meisten es als Erinnerung behalten möchten. So einfach ist das aber nicht immer. Wem steht das Gesellenstück zu?
Antwort:
Wer im handwerklichen Bereich eine Ausbildung macht, wird sich über kurz oder lang mit seinem Gesellenstück beschäftigen müssen. Anhand einer praktischen Arbeit muss der angehende Geselle sein handwerkliches Können und Wissen beweisen. Meist steckt nicht nur Geld, sondern auch viel Liebe und Fleiß in diesem Werkstück. Oft dürfen die jungen Gesellen dies auch behalten. Aber nicht immer.
Wer zahlt das Material?
Egal, ob der Auszubildende in einer Tischlerei lernt oder sich als Malerazubi um Hausfassaden kümmert. Der Ausbilder ist nach § 14 Berufsbildungsgesetz (BBiG) verpflichtet, ihm die Werkstoffe zur Verfügung zu stellen. Das gilt auch für das Material, das er für das Gesellenstück braucht. Daher treffen nach der Fertigstellung des Gesellenstücks zwei Interessen aufeinander. Zum einen der Wunsch des Gesellen, sein Gesellenstück für die Zukunft zu behalten. Zum anderen das Interesse des Betriebes, der die Materialkosten übernommen hat und das Gesellenstück entsprechend verwerten möchte.
Gesellenstück für den Gesellen
In der Regel ist es aber tatsächlich so, dass der Geselle sein Gesellenstück behalten darf. Nach § 950 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wird er zum Eigentümer des von ihm gefertigten Werkes. Durch Verarbeitung und Umgestaltung der Werkstoffe ist nämlich eine neue bewegliche Sache entstanden. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Ausbildungsbetrieb verpflichtet ist, die Materialkosten zu übernehmen.
Fest verbaut
Es gibt allerdings auch einige Ausnahmen. Kein Anspruch auf das Gesellenstück besteht, wenn dieses fest mit einer Sache verbunden ist und daher nicht entfernt werden kann. Zu denken ist hier zum Beispiel an Fliesenlegearbeiten im Haus eines Auftraggebers. Gleiches gilt für Dienstleistungen, wie beispielsweise die Reparatur eines Autos im Zuge der Ausbildung zum Mechatroniker. Ist das Gesellenstück im Zuge eines Kundenauftrags gefertigt worden, steht ebenfalls dem Ausbilder das Eigentum daran zu. Schließlich muss er es seinem Kunden übergeben.
Zu teuer
Und letztlich wird der Geselle auch dann nicht Eigentümer seines Gesellenstücks, wenn die Materialkosten im Vergleich zum Wert der Verarbeitung und Umbildung deutlich höher sind. Ein Beispiel wäre der goldene Diamantring, den ein Goldschmiede-Azubi als Gesellenstück fertigt. Hier kommt es aber immer auf den Einzelfall an. In solchen Fällen können sich Ausbilder und Azubi aber auch über den Verbleib des begehrten Stücks einigen. Sinnvoll ist es, schon vor Beginn der Arbeiten eine schriftliche Vereinbarung zu treffen. Dort können sie regeln, dass der Azubi gegen Übernahme der (gegebenenfalls anteiligen) Kosten sein Werk behalten darf. Gleiches wäre auch wichtig, wenn sich der Azubi beispielsweise für besonders teure, hochwertige Materialen entscheidet, die der Ausbildungsbetrieb nicht in voller Höhe übernehmen will.
Stand: 01.01.2025
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