Rechtsfrage des Tages:
Vielerorts stehen verbeulte, rostende alte Drahtesel an Fahrradständern angekettet und belegen die begehrten Plätze. Darf die Stadt oder der Vermieter die zweirädrigen Rostlauben einfach entfernen?
Antwort:
Nicht jeder nennt ein modernes neues Fahrrad sein Eigen. Auch alte Drahtesel können meist noch bedenkenlos genutzt werden und tun dem Eigentümer gute Dienste. Sammeln sich allerdings offensichtlich defekte und möglicherweise herrenlose Fahrräder an den Fahrradständern, ist das nicht nur optisch ein Ärgernis. Auch die meist nur begrenzten Möglichkeiten zum Anschließen eines Fahrrads werden dadurch belegt. Einfach so die Gefährte entsorgen darf aber weder die Stadt noch der Vermieter.
Abstellen erlaubt?
Die erste Frage ist immer, ob das Fahrrad an der betroffenen Stelle berechtigt abgestellt werden darf. Im Mietrecht lohnt sich ein Blick in die Hausordnung oder den Mietvertrag. Häufig finden Sie dort Regelungen, ob Sie Ihr Fahrrad beispielsweise im Hof abstellen dürfen oder ob Sie ausschließlich den Fahrradkeller nutzen dürfen. Hat Ihr Vermieter den Innenhof oder den Bereich vor der Haustür mit Fahrradständern ausgestattet, ergibt sich auch daraus eine Nutzungsberechtigung. Im öffentlichen Verkehrsraum dürfen Sie Ihr Fahrrad eigentlich überall dort abstellen, wo es nicht ausdrücklich verboten ist. Dabei müssen Sie natürlich darauf achten, dass das Rad nicht andere Verkehrsteilnehmer beeinträchtigt. Nehmen Sie besonders Rücksicht auf Fußgänger, Rollstuhlfahrer und Eltern mit Kinderwagen.
Einfach weg
Natürlich ist der Schreck groß, wenn Sie morgens Ihr Fahrrad aufschließen wollen und dieses nicht mehr an Ort und Stelle ist. Selbst wenn Sie Ihr Fahrrad unberechtigt abgestellt haben, darf Ihr Vermieter das Rad nicht einfach so entfernen. Es steht ja trotz allem in Ihrem Eigentum. Die Stadt darf Fahrräder nur entfernen, wenn sie eine Behinderung oder Gefährdung darstellen. Dann können dem Besitzer allerdings auch die Kosten auferlegt werden. Zumindest, wenn dieser ermittelt werden kann.
Herrenlose Drahtesel
Wie sieht es aber aus, wenn dem angeschlossenen Fahrrad bereits ein Rad fehlt, der Lenker verbogen ist und die Kette aufgrund von Rost ihren Dienst versagt? Es gehört zu den Rechtsirrtümern, dass Vermieter vermeintlich herrenlose Fahrräder einfach entsorgen dürfen. Selbst wenn diese nicht mehr funktionstüchtig sind, darf er sie nicht einfach entrümpeln. Eine Möglichkeit ist, dass er seinen Mietern eine Frist setzt und darum bittet, die noch genutzten Fahrräder zu markieren. Dabei muss er aber darauf achten, dass die Frist ausreichend lang ist und seine Mieter diese auch zur Kenntnis nehmen können.
Trotzdem Risiko
Vermieter tragen trotzdem ein Risiko. So gab es in einem Fall ein Missverständnis, das den Vermieter schadenersatzpflichtig machte. Er hatte seinen Mietern mitgeteilt, herrenlose und nicht funktionsfähige Räder zu entsorgen und bat um entsprechende Markierung. Eine Mieterin war davon ausgegangen, dass ihr täglich genutztes Rad nicht in diese Kategorie falle. Trotzdem wurde es vom Vermieter mangels Kennzeichnung fortgeräumt. Das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg verurteilte den Vermieter in diesem Fall zur Zahlung von Schadenersatz an die Mieterin (Urteil vom 20.07.2012, Aktenzeichen: 23 C 9/12).
Und in der Stadt?
Für die Stadt oder Gemeinde ist es ähnlich schwierig wie für Eigentümer einer Wohnanlage. Zum einen finden sich in den Städten hunderte Fahrräder, die teilweise schon Moos angesetzt haben und offensichtlich aufgegeben wurden. Trotzdem läuft auch die Stadt Gefahr, sich mit der Entsorgung alter Fahrräder schadenersatzpflichtig zu machen und vielleicht sogar in den strafrechtlichen Bereich zu wechseln.
Umweltschutz geht alle an
Um das Problem von der anderen Seite her zu betrachten, sollten Fahrradbesitzer an ihre Verantwortung denken. Hat Ihr alter Drahtesel ausgedient, lassen Sie ihn nicht einfach irgendwo stehen und geben ihn dem Vergessen preis. Besser ist eine umweltgerechte Entsorgung zum Beispiel auf dem Wertstoffhof. Oder erkundigen Sie sich doch mal in der kleinen Fahrradwerkstatt nebenan. Vielleicht freut man sich dort über ein Ersatzteillager zum Ausschlachten.
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