Rechtsfrage des Tages:
Wer kennt das nicht: Im Eifer des Gefechts gibt der Kassierer zu viel Wechselgeld heraus. Muss er den Fehlbestand ausgleichen?
Antwort:
Sicher ist es auch Ihnen schon einmal passiert: Sie bezahlen mit einem 10-Euro-Schein und der Kassierer gibt auf 20 € heraus. Oder die freundliche Kellnerin vergisst, den zweiten Kaffee zu berechnen. Bemerken Sie den Irrtum rechtzeitig, ist es nur fair, darauf hinzuweisen. Aber manchmal fällt es erst hinterher auf. Zu Hause wundern Sie sich dann, dass Sie nach dem Einkauf mehr Geld im Portemonnaie haben als zuvor. Aber wer haftet für den Fehlbestand in der Kasse?
Fahrlässig oder vorsätzlich?
Kassierer sind arbeitsvertraglich verpflichtet, für den richtigen Kassenbestand zu sorgen. Stimmt die Kasse nach dem abendlichen Abschluss nicht, liegt eigentlich eine Pflichtverletzung vor. Das Bundesarbeitsgericht hat aber klargestellt, dass eine uneingeschränkte Haftung des Arbeitnehmers unangemessen ist. Entsprechend staffelt es die Haftung nach dem Grad der Vorwerfbarkeit:
Bei leichtester Fahrlässigkeit haften Arbeitnehmer demnach nicht. Bei mittlerer Fahrlässigkeit greift eine anteilige Haftung. Nur bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz kommt eine vollständige Haftung in Betracht. Welcher Grad der Fahrlässigkeit bei einem Fehlbestand vorliegt, ist allerdings meist schwer zu beurteilen.
Mankoabrede
Aus diesem Grund findet sich in vielen Arbeitsverträgen die sogenannte Mankoabrede. Dabei handelt es sich um eine Art Garantiehaftung des Arbeitnehmers. Dieser erklärt mit der Abrede, dass er unabhängig vom Verschulden für Fehlbeträge oder Fehlmengen einsteht.
Das klingt sehr hart. Doch derartige Vereinbarungen sind nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Etwa, wenn der Mitarbeiter alleine Zugriff auf die Kasse oder den Warenbestand hat. Außerdem ist eine eindeutige Formulierung wichtig. Und auch bei der Mankoabrede muss das vereinbarte oder tariflich geschuldete Entgelt gezahlt werden.
Ausgleich durch Mankoentgelt
Einer der wichtigsten Punkte ist, dass der Arbeitnehmer bei einer Mankoabrede Anspruch auf ein zusätzliches Mankoentgelt hat. Er haftet für einen Fehlbestand dann nur in der Höhe, die dem Mankoentgelt entspricht.
Zum einen wird der Arbeitnehmer dadurch vor unangemessenen Forderungen geschützt. Zum anderen bietet ihm diese Vereinbarung die Chance, bei glatter Kasse das Mankoentgelt behalten zu dürfen. Der Arbeitgeber profitiert von einem besonders motivierten Mitarbeiter, der sehr sorgfältig auf seinen Kassenbestand achtet.
Strafbarkeit des Kunden?
Haben Sie zu viel Wechselgeld erhalten und dies nicht mitgeteilt, könnte ein strafbarer Betrug vorliegen. Eine Täuschung kann nämlich auch durch Unterlassung erfolgen. Allerdings machen Sie sich nur strafbar, wenn Sie eine Offenbarungspflicht hinsichtlich des überzähligen Wechselgelds haben. Diese setzt ein besonderes Nähe- oder Vertrauensverhältnis voraus. Und das ist an einer Kasse oder im Restaurant meist nicht gegeben. Tatsächlich machen Sie sich i. d. R. nicht strafbar, wenn Sie den unfreiwilligen Geldsegen einfach einstecken.
Zivilrechtliche Haftung
Etwas anders ist die Rechtslage im Zivilrecht. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) sieht vor, dass Sie etwas ohne Rechtsgrund Erlangtes zurückgeben müssen (§ 812 BGB). Auf das zu viel ausgezahlte Wechselgeld haben Sie keinen Anspruch. Bemerkt der Kassierer also seinen Fehler, müssen Sie auf seine Bitte hin das zu viel gezahlte Wechselgeld herausgeben.
In der Praxis kommt es dabei natürlich zu Beweisproblemen. Doch aus moralischer Sicht sollten Sie der Ehrlichkeit Vorrang geben. Fällt Ihnen der Fehler auf, ist es nur recht und billig, darauf hinzuweisen. Schließlich wissen Sie nicht, welche vertraglichen Regelungen der Ladeninhaber mit seinen Mitarbeitern getroffen hat. Und auch Sie selbst profitieren. Denn als ehrlicher Kunde sind Sie auch künftig im Geschäft stets willkommen.
Auch interessant:
Damit Sie Ihr gutes Recht bekommen
Hier finden Sie den umfassenden Privat-Rechtsschutz für die Lebensbereiche Privat, Beruf, Wohnen und Verkehr.