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Abgeschafft: das Überhangmandat

Erst- & Zweitstimme

Gehört hat sicherlich schon jeder mal davon. Was es damit auf sich hat und warum es jetzt abgeschafft wurde, wissen aber nicht alle.

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Rechtsfrage des Tages:

Wenn im Februar der neue Bundestag gewählt wird, wird es keine Überhangmandate mehr geben. Was verbirgt sich dahinter und was waren Ausgleichsmandate?

Antwort:

In regelmäßigem Turnus wählt das deutsche Volk seine Volksvertreter in den Bundestag. Bis einschließlich zur letzten Wahl gab es noch Überhangmandate. Dazu kam es, wenn eine Partei mehr Erststimmen als Zweitstimmen in den Wahlkreisen erhielt. Damit es nicht zu einer falschen Machtverteilung im Bundestag kam, erhielten die anderen Parteien im Gegenzug Ausgleichsmandate. Nach dem neuen Wahlrecht wird es diese Regelung nicht mehr geben. Die Anzahl der Abgeordneten im Bundestag ist nun auf 630 Sitze begrenzt.

Erststimme

Um das System der Überhang- und Ausgleichsmandate verstehen zu können, müssen Sie zunächst die Bundestagswahl allgemein durchleuchten. Als Wähler können Sie am Wahltag oder vorab per Briefwahl zwei Stimmen abgeben. Mit der Erststimme wählen Sie eine konkrete Person. Jede Partei darf in ihrem Wahlkreis einen Kandidaten aufstellen. Dazu können auch parteilose Kandidaten kommen. Wer die Wahl mit der Erststimme gewinnt, erhält ein Direktmandat und zog bisher automatisch in den Bundestag ein.

Wichtiger: Zweitstimme

Noch wichtiger ist – trotz ihres Namens – die Zweitstimme. Das Wahlergebnis bestimmt nämlich das Mehrheitsverhältnis der Parteien im Bundestag. Jede Partei stellt eine Landesliste mit Personen auf, die für sie nach Berlin ziehen sollen. Die Zahl der Zweitstimmen entscheidet dann, wie viele Kandidaten der Landesliste dann tatsächlich ihren Dienst im Bundestag antreten dürfen. Je mehr Zweitstimmen eine Partei erringen kann, umso mehr Kandidaten von der Liste werden entsandt. Dadurch bilden sich die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag.

Wussten Sie, dass …

... bei der Entsendung die Reihenfolge der Kandidaten auf der Liste eine Rolle spielt? Je weiter oben ein Kandidat steht, umso eher kann er auf einen Platz im Bundestag hoffen.

Grob vereinfacht gesagt, setzt sich der Bundestag etwa zur Hälfte aus den Direktmandaten und zur anderen Hälfte aus den Kandidaten der Landeslisten zusammen.

Mehr als Platz ist

Zu Überhangmandaten ist es gekommen, wenn eine Partei in den Wahlkreisen mehr Direktmandate erringen konnte, als ihr nach der Verhältniswahl der Zweitstimme zugestanden hätten. Die sozusagen überzähligen Kandidaten waren dann Überhangmandate. Da dies aber zu einer Ungerechtigkeit im Hinblick auf das Mehrheitsverhältnis geführt hätte, gab es zusätzlich Ausgleichsmandate für die anderen Parteien. Dadurch sollte das von den Wählern bestimmte Machtverhältnis im Bundestag aufrecht erhalten bleiben. Gerade, wenn Wähler Erst- und Zweistimme unterschiedlichen Parteien gaben, konnte dies zu Überhangmandaten führen.

Es wurde voll

Diese Regelung führte unter anderem dazu, dass der Bundestag von 402 Sitzen im Jahr 1949 auf 735 Plätze 2021 anschwoll. Nach der Wahl zum 21. Bundestag bedeutet dies in Zahlen 34 Überhangmandate und 103 Ausgleichsmandate. Eine Verkleinerung des Bundestags wurde schon länger angestrebt und sorgte für viel rechtliches Hin und Her. Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wurde die Wahlrechtsreform von 2023 im letzten Sommer dann im Hinblick auf die Abschaffung der Überhangmandate für verfassungsgemäß erklärt (BVerfG, Urteil vom 30.07.2024, Aktenzeichen: 2 BvF 1/23).

Was gilt jetzt?

Aufgrund der Reform sind die Sitze im Bundestag nun beschränkt auf 630 Plätze. Nach wie vor wählen Sie mit der Erststimme einen Kandidaten für das Direktmandat. Dieser bekommt aber nicht mehr automatisch einen Platz im Bundestag, wenn er die Wahl gewinnt. Es kommt vielmehr auf das Ergebnis der Wahl der Zweitstimmen an. Daher kann es passieren, dass ein Direktkandidat trotz der meisten Erststimmen in seinem Wahlkreis kein Mandat im Bundestag bekommt. Dazu kommt es nämlich dann, wenn die Partei mehr Direktmandate gewonnen hat, als Zweistimmen in der Verhältniswahl.

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