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Freistellung vom Unterricht

Nur mit gutem Grund

Um die Schulpflicht kommt keiner einfach so herum. Wer einen guten Grund hat, kann sich allerdings vom Unterricht befreien lassen.

Eine Reihe von Reisebussen.

Schwangerschaft

Das Mutterschutzgesetz (MuSchG) ist jetzt auch auf schwangere Schülerinnen anwendbar. Mit der Reform 2018 wurde eine Ausweitung des geschützten Personenkreises vorgenommen. Als schwangere Schülerin bist du weiterhin schulpflichtig. Während der Mutterschutzfristen, d. h. im Regelfall 6 Wochen vor dem errechneten Geburtstermin bis 8 Wochen nach der Geburt, kann eine Befreiung von Prüfungen und Pflichtveranstaltungen beantragt werden, ohne Nachteile befürchten zu müssen. Fühlst du dich fit genug, kannst du das volle Pensum absolvieren. Auch eine Befreiung vom Sportunterricht ist während der Schwangerschaft möglich, wenn ein ärztliches Attest vorgelegt wird.

... Religion, Sport und Sexualkunde: reine Privatsache?

Befreiung? Das klingt nach Hoffnung für viele. Eine Befreiung aus der "Klassenzimmer-Haft" wegen angeblich zeitverschwenderischer Bemühungen in ungeliebten Fächern ist nur in Ausnahmefällen und bei triftigem Grund möglich.

Eine generelle Befreiung von der Schulpflicht aus pädagogischen oder religiösen Gründen ist unzulässig. Eltern können ihr Kind nicht aus religiösen Gründen der öffentlichen Schule entziehen, um es zu Hause etwa per "Homeschooling" zu unterrichten.

1. Teilnahme am Religionsunterricht

Grundsätzlich ist der Religionsunterricht Pflichtfach; Ausnahme sind bekenntnisfreie Schulen, für die kein Religionsunterricht vorgesehen ist.

Tipp

Anders als im übrigen Bundesgebiet ist der Religionsunterricht in Berlin und Bremen sowie Brandenburg kein Pflichtfach. Meist wird Religion dort nur als freiwilliges Wahlfach mit besonderer Anmeldepflicht angeboten.

Wenn du bekenntnisangehöriger Schüler bist und Religion ein Pflichtfach ist, besteht normalerweise eine Teilnahmepflicht für dich am Religionsunterricht. Diese entfällt, wenn du konfessionslos bist, aus der Kirche austrittst, zu einer anderen Konfession übertrittst oder einer Religion angehörst, für die kein Religionsunterricht angeboten wird. In diesen Fällen ist eine Anmeldung zum jeweiligen Religionsunterricht erforderlich, wenn du am Religionsunterricht teilnehmen möchtest. Aber selbst bei bestehender Teilnahmepflicht können deine Eltern dich vom Religionsunterricht abmelden. Über deine Teilnahme im Fach Religion kannst du ab dem 12. Geburtstag mitbestimmen. Deine Eltern müssen dies allerdings nach wie vor absegnen. 2 Jahre später, nach Vollendung des 14. Lebensjahrs, bist du "religionsmündig" und entscheidest selbst über deine Teilnahme am Religionsunterricht. Wohnst du allerdings als bekenntnisangehöriger Schüler in Bayern oder im Saarland, kannst du dich selbst erst mit 18 Jahren vom Religionsunterricht befreien.

Abmeldung

Um dich aus dem Unterricht zu verabschieden, reicht (je nach Bundesland) die schriftliche Erklärung deines Erziehungsberechtigten bzw. deine eigene Erklärung (wenn du religionsmündig bist). In Baden-Württemberg müssen religionsmündige Minderjährige ihre Erklärung persönlich vor dem Schulleiter abgeben. Die Abmeldung ist ohne Berufung auf weltanschauliche oder Gewissensgründe zulässig; d. h. Eltern und Schüler müssen ihre Entscheidung nicht begründen.

Tipp

Die Einzelheiten findest du im Gesetz über die religiöse Kindererziehung (RKEG). Zudem sind besondere Bestimmungen in den Landesschulgesetzen und Landesverfassungen verschiedener Bundesländern zu beachten. Denn den Religionsunterricht einzurichten, ist Sache der Länder.

Ersatzunterricht

Aber auch wenn du dich vom Religionsunterricht abgemeldet hast, kannst du i. d. R. die Hände trotzdem nicht in den Schoß legen. Was nach einer Abmeldung anstelle des Religionsunterrichts passiert, unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland. In Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen musst du den Ethikunterricht als verbindliches alternatives Unterrichtsfach besuchen. In anderen Bundesländern sind Schüler ebenfalls zur Teilnahme an anderen Fächern verpflichtet.

2. Befreiung vom Sportunterricht

Bei der Aussicht darauf, sportlicher Anstrengung zu entgehen, sind Schüler oft findig.

Gesundheitliche Gründe

Gerne wenden Schüler das ein oder andere Wehwehchen ein. Aber nur Schüler, die tatsächlich sportunfähig sind oder sich aufgrund einer zeitlich begrenzten Erkrankung nicht sportlich betätigen sollen, können auf Antrag vom Sportunterricht befreit werden.

Die Sportbefreiung müssen die Eltern oder der volljährige Schüler beantragen. Meist reicht eine normale Entschuldigung. Bist du aber aufgrund einer Erkrankung über mehrere Wochen hinweg an der Teilnahme am Schwimm- bzw. Sportunterricht verhindert, musst du in den überwiegenden Fällen ein (amts-)ärztliches Attest vorlegen.

Tipp

Die Befreiung vom Sportunterricht führt nicht automatisch auch zu einer Befreiung von der Anwesenheitspflicht. Da der Sportunterricht auch theoretische Kenntnisse vermittelt, liegt es im Ermessen der Lehrkraft, ob du die Zeit in der Turnhalle absitzen musst.

Religiöse Gründe

Die Befreiung vom koedukativen Sport- und Schwimmunterricht, also vom gemeinsamen Unterricht von Mädchen und Jungen, aus religiösen Gründen ist der zweithäufigste Fall. Vor allem islamische Schülerinnen können wegen der Sportausbildung in Gewissenskonflikte geraten. Meist werden folgende 2 Gründe von muslimischen Schülerinnen oder deren Eltern vorgebracht:
Die muslimischen Mädchen sollen nicht

  • in der leichten Sportkleidung am Turn- oder Schwimmunterricht teilnehmen und
  • mit Jungen zusammen Sport treiben (koedukativer Unterricht).

Dabei berufen sie sich auf die Bekleidungsvorschriften des Koran und auf die in Artikel 4 des Grundgesetzes garantierte Glaubensfreiheit sowie das Erziehungsrecht der Eltern, Art. 6 Abs. 2 Grundgesetz (GG).

Im Gegensatz dazu wollen viele Schulen einer Befreiung nicht zustimmen. Dabei berufen sie sich auf das Grundgesetz und den dort festgelegten Erziehungs- und Bildungsauftrag des Staates (Art. 7 Abs. 1 Grundgesetz). Der Staat hat danach das Recht, für das Schulsystem bestimmte Erziehungs- und Bildungsziele festzulegen. Dazu gehört die Schulpflicht. An einem Pflichtunterricht, zu dem auch der Sportunterricht gehört, sollen alle Schüler teilnehmen müssen. Das soll der Gesundheit und Persönlichkeitsentwicklung dienen und die Integration junger Menschen fördern.

Die Gerichte versuchen einen schonenden Ausgleich zwischen diesen unterschiedlichen Interessen zu finden. Die Schulen und auch die Eltern sowie das muslimische Mädchen sollen alle zumutbaren organisatorischen Möglichkeiten ausschöpfen, um den Konflikt zu lösen.

Den Bekleidungsvorschriften des Islam kann z. B. mit Bekleidung Rechnung getragen werden, die den Körper bis auf Gesicht und Hände vollständig verhüllt und bei entsprechender Beschaffenheit des Stoffes ein enges Anliegen am Körper ausschließt. Auch gibt es den islamischen Bekleidungsvorschriften entsprechende Badeanzüge für den koedukativen Schwimmunterricht.

Doch selbst wenn organisatorische Hemmnisse einer Teilnahme entgegenstehen, kommt eine Befreiung nur in Betracht, wenn glaubhaft darlegt werden kann, dass

  • eine zwingende Glaubensvorschrift der Religion die Schülerin daran hindert, am Sportunterricht teilzunehmen,
  • sie sich auch sonst an die Gebote der Religionsgemeinschaft hält und
  • sie vor allem Bekleidungsvorschriften des Koran in ihrem täglichen Leben konsequent beachtet und in der Öffentlichkeit und dem sonstigen Schulunterricht ein Kopftuch und weite Kleider trägt.

Sofern die Schülerin das 14. Lebensjahr vollendet hat, also religionsmündig ist, sollte die Schule die wachsende Selbstverantwortung des Mädchens zunehmend bei der Entscheidung über eine Befreiung beachten; denn oft hat die Schülerin bereits ein anderes religiöses Empfinden als das ihrer Eltern entwickelt.

3. Befreiung vom Sexualkundeunterricht

Eine Befreiung vom Sexualkundeunterricht wird in aller Regel nicht aus Glaubensgründen gerechtfertigt. Das heißt, dass auch Kinder und Jugendliche aus anderen Kulturkreisen mit anderen Religionen prinzipiell an der Sexualerziehung teilnehmen müssen. Denn der staatliche Bildungs- und Erziehungsauftrag unterliegt grundsätzlich keinen Einschränkungen. Das Bundesverwaltungsgericht hat Maßstäbe der Offenheit für verschiedene Wertvorstellungen, der Rücksichtnahme auf das natürliche Erziehungsrecht der Eltern und deren religiöse und weltanschauliche Überzeugungen entwickelt. Eine Indoktrinierung der Schüler soll so verhindert werden.

Die Sexualerziehung ist inzwischen in sämtlichen Ländern gesetzlich geregelt. Sie soll dir nicht nur die bloßen biologischen und anderen Tatsachen aus dem sexuellen Bereich vermitteln, sondern geht weit darüber hinaus. Allerdings haben die Länder die Vorgabe, dass die inhaltlichen Anforderungen dem Reifegrad und Alter der Schüler entsprechen müssen.

Gut zu wissen

Dem grundrechtlich geschützten Erziehungsrecht der Eltern wird dadurch Rechnung getragen, dass diese rechtzeitig über Inhalt und Form des Sexualkundeunterrichts informiert werden und ihnen Gelegenheit zur Aussprache gegeben wird. Zudem wird das Gebot der Toleranz und Zurückhaltung großgeschrieben.

4. Befreiung von Schulveranstaltungen außerhalb des eigentlichen Unterrichts

Schule ist mehr als nur Pauken im Klassenzimmer.

Schülerkonzerte, Ausstellungen, Sportwettbewerbe usw.

Grundsätzlich sind Veranstaltungen neben dem regulären Unterricht ein wichtiger Bestandteil der schulischen Bildungs- und Erziehungsarbeit. Beispielsweise Schülerkonzerte, Theateraufführungen und Ausstellungen. Sie fördern u. a. den Teamgeist der Schüler untereinander und sorgen für ein lebendiges Schulleben. Viele Schüler können bei diesen Veranstaltungen Talente beweisen, für die im normalen Schulalltag kein Raum ist. Derartiges Engagement ist jedoch für die beteiligten Schüler normalerweise freiwillig.

Bei Gemeinschaftsveranstaltungen wie etwa Sportwettbewerben (Bundesjugendspiele o. Ä.) oder Abschlussfeiern bist du jedenfalls dann zur Teilnahme verpflichtet, wenn sie für verbindlich erklärt wurden. Wenn die Teilnahme dir jedoch aus Kosten oder anderen Gründen unzumutbar ist, entfällt die Teilnahmepflicht wieder. Wenn du z. B. wegen Krankheit eine solche Veranstaltung nicht besuchen kannst, musst du die Schule darüber sofort informieren und dich krankmelden.

Klassenfahrten, Schulwanderungen, Schullandheimaufenthalte

Veranstaltungen dieser Art sollen den Kontakt zwischen den Schülern untereinander fördern und den Schülern neue Eindrücke vermitteln. Einzelheiten dazu sind in Verwaltungsvorschriften geregelt. Die Eltern müssen über eine geplante Klassenfahrt informiert werden und meist sogar darüber abstimmen. Wenn ein mehrheitlich zustimmender Beschluss zustande gekommen ist, können einzelne Eltern die Durchführung der Klassenfahrt nicht mehr verhindern.

In den meisten Ländern bist du zur Teilnahme an diesen Veranstaltungen verpflichtet. In manchen Ländern wiederum hängt die Teilnahmepflicht davon ab, ob die Veranstaltung für verbindlich erklärt wurde oder ob die Schulfahrt ohne Übernachtung ist.

Gut zu wissen

Häufig dürfen muslimische Kinder – besonders Mädchen – nicht an Klassenfahrten teilnehmen. In diesen Fällen muss die Schule alles daran setzen, dass auch diese Kinder mitkommen können. Denn gerade durch Klassenfahrten sollen Minderheiten eingebunden werden, um Parallelgesellschaften zu verhindern. Letztlich muss im Zweifel jedoch der Wille der Eltern respektiert werden.

Ödet dich aber die Fahrt ins Grüne oder die Klassenreise an, informiere dich also gegebenenfalls rechtzeitig, ob die Teilnahme verpflichtend ist. Nimmst du an so einer Fahrt nicht teil, bist du grundsätzlich verpflichtet, während der Dauer der Fahrt den Unterricht einer anderen Klasse zu besuchen.

Wenn du dich auf der Klassenfahrt oder im Vorfeld extrem daneben benimmst, kann es passieren, dass du vom Lehrer von der Reise ausgeschlossen und auf Kosten deiner Eltern nach Hause geschickt wirst.

Gut zu wissen

Die Kosten für Schulausflüge und Klassenfahrten sind von den Eltern zu tragen. Die Schulgeldfreiheit, die nur von der Zahlung einer Gebühr als Nutzungsentgelt für den Schulbesuch befreit, steht dem nicht entgegen. Dabei müssen sich die Kosten in einem zumutbaren Rahmen für alle Teilnehmenden halten. In manchen Ländern gibt es Höchstgrenzen und Beihilfemöglichkeiten. Wenn es einen Schul- oder Förderverein gibt, kann auch dieser Zuschüsse leisten. Kinder von Hartz-IV-Empfängern haben einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen.

5. Urlaub außerhalb der Ferienzeiten und kurzfristige Beurlaubung

Dich lockt die Familienfeier im Ausland, obwohl gerade keine Ferien sind? Aus wichtigen Gründen oder in dringenden Ausnahmefällen kannst du kurzfristig vom Schulbesuch befreit werden, wenn deine Eltern (oder du, sofern du volljährig bist) das im Allgemeinen schriftlich bei der Schulleitung beantragen.

Als Befreiungsgründe kommen insbesondere in Betracht:

  • familiäre Anlässe,
  • außerschulische Bildungsveranstaltungen,
  • sportliche Wettkämpfe,
  • Tagungen der örtlichen Schülervertretung.

Allerdings entscheidet die Schule, was ein solcher dringender Grund ist. Gesetzlich ist darüber nichts festgelegt. Ein Anspruch auf Befreiung vom Schulbesuch unmittelbar vor und nach den Ferien wegen einer geplanten Urlaubsreise besteht also nicht. Allgemein lässt sich sagen, dass sowohl die Schulen als auch die Rechtssprechung bei der Gewährung von Urlaub außerhalb der Ferienzeiten und aus familiären Gründen eher zurückhaltend sind, um Nachahmungseffekte zu verhindern.

Tipp

Die grundsätzliche Möglichkeit und die Dauer der Beurlaubung wird in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich gehandhabt. Dein Lehrer und dein Schulleiter kennen die Regelungen an deiner Schule. Frag sicherheitshalber bei ihnen nach.

6. Beurlaubung für religiöse Veranstaltungen oder an religiösen Feiertagen

Willst du an einer religiösen Feier teilnehmen, hat dein Antrag auf Beurlaubung gute Chancen, denn das Grundgesetz garantiert die Religionsausübungsfreiheit in Artikel 4 Absatz 2 GG. Dazu gehört auch das Recht zur Teilnahme an kirchlichen Veranstaltungen.

Die Schule soll den Schüler vom Unterricht beurlauben, wenn das Fest für den einzelnen Schüler eine besondere Bedeutung hat. Die Schulordnungen sehen darin einen wichtigen Grund für eine Beurlaubung. Allerdings muss die Schule natürlich auch dabei den Gleichheitssatz beachten.

Gut zu wissen

Der Antrag auf Beurlaubung kann natürlich nicht nur für katholische und evangelische Schüler gelten, sondern auch für Mitglieder jeder anderen Religionsgemeinschaft. Bei (Jugend-)Sekten ist aber zu prüfen, ob es sich im Einzelfall überhaupt um eine Religionsgemeinschaft im Sinn des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG handelt, der die Glaubensausübung schützt.

Möchtest du wegen eines religiösen Feiertags beurlaubt werden, ist Voraussetzung, dass sich deine Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft feststellen lässt. Und dass der Glaube die Heiligung des Feiertags vorschreibt, z. B. die Sabbatheiligung für Juden und Sieben-Tage-Adventisten. Oder Ramadan-, Beiram- und Opferfest für den Islam.

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