Der Pfad der Tugend
Grenzen testen, Lebenssituationen ausprobieren oder auch die Reizschwelle von Mitschülern und Lehrern testen: Was als Schul-Ulk beginnt, kann in Pflichtverletzungen enden. Das ist leider inzwischen alltäglich an vielen Schulen. Ordnungsmaßnahmen sollen grundsätzlich
- die Bestrafung des Schülers nach einer Pflichtverletzung bewirken,
- erzieherische Inhalte vermitteln und
- den Unterricht und die Erziehungsarbeit in der Gegenwart und für die Zukunft sichern.
Schwere Geschütze in Form von Ordnungsmaßnahmen fährt die Schulleitung gegen dich auf, wenn deine "Schulstreiche"
- schwere oder wiederholte Verstöße sind,
- die Sicherheit von Menschen bedrohen,
- den Schulbetrieb ernsthaft beeinträchtigen oder
- willentlich oder aus unverantwortlicher Leichtfertigkeit gegen schulische Pflichten verstoßen.
Wer nicht hören will, ...
Ob man das gesetzlich verordnete Bildungssystem nun mag oder nicht: Ohne einen geordneten Schulbetrieb lässt sich das heute unbedingt erforderliche Wissen nicht effizient vermitteln. Wenn du anderen die ohnehin oft beschwerliche Wissensaufnahme und den damit verbundenen Schulalltag durch schwerwiegende Pflichtverletzungen erschwerst oder unmöglich machst, wirst du bestraft.
Beispiel
Sebastian kann seinen Sportlehrer nicht ausstehen und verbreitet die Lüge, dass dieser ihn sexuell belästigt habe. Diese Behauptung ist eine schwere Pflichtverletzung und wird mit einer Ordnungsmaßnahme geahndet.
Bei Ordnungsmaßnahmen gilt das sogenannte Opportunitätsprinzip. Danach können Ordnungsmaßnahmen ergriffen werden, müssen es aber nicht. Bei Störungen des Schulbetriebs hängt die Reaktion darauf maßgeblich von der Zweckdienlichkeit ab.
... hat viel Ärger
In den Schulgesetzen der Bundesländer ist festgelegt, welche Maßnahmen, die die Einhaltung der Schulordnung sichern sollen, angedroht oder verhängt werden können.
Folgende unterschiedlich schwere Ordnungsmaßnahmen können dabei drohen:
- Schriftlicher Verweis
- Versetzung bzw. Umsetzung in eine Parallelklasse
- Zeitweiliger Ausschluss vom Fach oder Unterricht
- Entlassung bzw. Ausschluss von der Schule
- Entlassung aus der Schule bzw. Verweisung von allen Schulen derselben Schulart und von allen Schulen des Landes.
Schriftlicher Verweis
Störst du trotz mehrfacher Ermahnungen unentwegt den Unterricht, droht dir ein schriftlicher Verweis durch Lehrer, Schulleiter oder Klassenkonferenz. Als mildeste aller Ordnungsmaßnahmen sollst du dieser entnehmen, dass dein Fehlverhalten künftig nicht akzeptiert wird. Es ist ein Warnschuss.
Die Eltern minderjähriger Schüler werden schriftlich über die Ordnungsmaßnahme informiert.
Wer sich ungerecht gemaßregelt fühlt, kann gegen den schriftlichen Verweis einen formlosen Rechtsbehelf bei der Schulleitung einlegen.
Versetzung bzw. Umsetzung in eine Parallelklasse
Stört beispielsweise eine Clique massiv den Unterricht, kann die Lehrkraft zur Wiederherstellung einer friedlichen Klassenatmosphäre die Versetzung oder Verteilung der Quälgeister in Parallelklassen beantragen. Über diese im gesamten Schuljahr mögliche Maßnahme entscheidet der Klassenlehrer, der Schulleiter oder die Klassenkonferenz.
Wer diese Maßnahme für ungerecht hält, muss diesen Verwaltungsakt mit einem Widerspruch anfechten und gegebenenfalls vor dem Verwaltungsgericht klagen.
Ausschluss vom Fach oder Unterricht
Zwei weitere Maßnahmen sind der Ausschluss vom Unterricht oder einem einzelnen Fach. In der abgeschwächten Version wird der Schüler für 3 bis 6 Tage vom gesamten Unterricht oder einzelnen Fächern ausgeschlossen.
Ist der Ausschlussgrund wirklich sehr schwerwiegend, kann die Suspendierung je nach Bundesland bis zu 2 oder sogar 4 Wochen dauern. Die Entscheidung darüber trifft die Klassenkonferenz oder die Lehrerkonferenz. Der durch den Ausschluss versäumte Unterricht ist selbstverständlich nachzuholen.
Wer diesen Ausschluss nicht akzeptieren will, kann dies mit dem Widerspruch anfechten und bei dessen Erfolglosigkeit mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht Gerechtigkeit suchen.
Entlassung bzw. Ausschluss von der Schule
Um von der Schule zu fliegen, müssen schwerwiegende Gründe vorliegen. Der Schulverweis ist die härteste Ordnungsmaßnahme. Der Schulverweis droht z. B. bei Gewalt, Drogen und sexuellen Übergriffen. Das Fehlverhalten muss das tolerierbare Maß überschritten haben. Der Ausschluss ist nur zulässig, wenn anders der geordnete Schulbetrieb nicht gewährleistet werden kann.
Beispiel
Michael (vierte Klasse einer Grundschule) ist sehr kräftig für sein Alter und nutzt das aus, indem er jüngere Schüler bedroht. In solch einem Fall kann die Gesamt- bzw. die Schulkonferenz beschließen, den Schüler an eine andere Schule derselben Schulart zu verweisen.
Die Entlassung bzw. der Ausschluss von der Schule ist eine offizielle Maßnahme, gegen die Widerspruch eingelegt und gegebenenfalls vor dem Verwaltungsgericht geklagt werden kann.
Bist du noch schulpflichtig, muss die Aufnahme an einer anderen Schule der gleichen Schulart gewährleistet sein. Die Vollzeit-Schulpflicht dauert übrigens 10 Jahre (G8-Gymnasium: 9 Jahre). Die anschließende Berufsschulpflicht endet normalerweise mit dem Ende des Schuljahrs, in dem du das 18. Lebensjahr vollendet hast.
Bist du nicht mehr schulpflichtig, hast du möglicherweise ein Problem. Du kannst eine andere Schule nicht dazu zwingen, dich aufzunehmen. Einen Schulverweis kurz vor dem Abitur solltest du dann nicht riskieren. Also lieber den Ball flach halten!
Der Ernstfall
Hat dich eine Ordnungsmaßnahme getroffen, sind grundsätzlich folgende Verfahrensregeln einzuhalten:
- Jeder Schüler (bei Minderjährigen auch die Eltern) hat das Recht auf Schilderung und Anhörung seiner Version der Geschehnisse. Dieses Recht solltest du auch unbedingt wahrnehmen.
- Wende dich bei Bedarf an einen Lehrer deines Vertrauens oder ein Mitglied deiner Schülervertretung.
Hierbei solltest du oder deine Eltern darauf achten, dass
- der Sachverhalt richtig ermittelt wird,
- Formvorschriften eingehalten werden,
- die Schule in ihrem Ermessen gehandelt hat und
- die Maßnahme im Verhältnis zur Tat steht.
Mit Kanonen auf Spatzen schießen?
Wenn die Schulleitung zu den drastischen Mitteln der Ordnungsmaßnahmen greift, hat sie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Mit anderen Worten: Die getroffene Ordnungsmaßnahme muss nach Art, Schwere und Folgen dem Fehlverhalten angemessen sein. Außerdem ist zu unterscheiden zwischen
- einer einmaligen Aktion, die eine mildere Strafe rechtfertigt und
- einer permanenten, wiederholten Störung des Schulfriedens, die härter zu ahnden ist.
Ordnungsmaßnahmen sind Ermessensentscheidungen und gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar.
Beispiel
Karl ruft in seiner Schule zum Unterrichtsboykott auf, weil er die Schule und alle Lehrer satt hat. Ein paar seiner Mitschüler folgen seinem Beispiel. Während gegen Karl eine härtere Maßnahme verhängt wird, kommen die Mitläufer mit milderen Strafen davon.
Solche Ermessensfehler können vorliegen, wenn die Klassenkonferenz z. B. bei ihrer Entscheidung gar nicht berücksichtigt hat, dass es mehrere mögliche Maßnahmen gab, aus denen ausgewählt werden konnte. Ebenso liegt ein Fehler vor, wenn der Entscheidung unsachliche Überlegungen zugrunde gelegt wurden oder wenn die Schuld des Schülers an der Missetat gar nicht erwiesen ist.
Beispiel
Philipp begeht zum wiederholten Mal eine Pflichtverletzung. Aus Abschreckungsgründen wird er besonders hart bestraft. Hier liegt ein Ermessensfehler vor.
Ein falscher Ermessensgebrauch liegt auch vor, wenn die Konferenz der Meinung ist, dass die Ordnungsmaßnahmen nur in der im Gesetz genannten Reihenfolge verhängt werden dürfen, sodass eine Maßnahme von einer anderen vorhergehenden Maßnahme abhängt.
Rechtsmittel gegen Ordnungsmaßnahmen
Ordnungsmaßnahmen sind meist sogenannte förmliche Verwaltungsakte. Dagegen kannst du Widerspruch schriftlich innerhalb von 4 Wochen nach Bekanntgabe der Maßnahme erheben. Wird die Maßnahme nicht zurückgenommen, kannst du beim Verwaltungsgericht klagen.
Hast du hingegen einen Verweis als Ordnungsmaßnahme erhalten, ist das kein Verwaltungsakt. Willst du gegen den Verweis rechtlich vorgehen, musst du eine Aufsichtsbeschwerde bei der Schule einreichen. Wird der Verweis nicht zurückgenommen, leitet die Schule deine Beschwerde an die Schulaufsichtsbehörde weiter. Hält man dort den Verweis für unrechtmäßig oder pädagogisch unsinnig, wird er für unwirksam erklärt.
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