Was ist ein digitaler Nachlass?
Und wie vererbt man ihn?
In Deutschland fehlt bislang noch eine gesetzliche Regelung zum digitalen Nachlass. Daher werden die allgemeinen Grundsätze aus dem Erbrecht herangezogen. Allerdings ergeben sich in der virtuellen Welt Probleme, für die unser Gesetz keine Lösung bereithält.
Zugangsdaten zu Nutzerprofilen
Oft stehen Erben vor dem Problem, dass ein Verstorbener zu Lebzeiten auf vielen unterschiedlichen Seiten im Internet präsent war und nun seine Profile nicht gelöscht werden können, weil keiner die Zugangsdaten kennt. Wenn Sie Ihren digitalen Nachlass nicht regeln, können Ihre Erben diesen auch nicht verwalten. Alle Verträge und Nutzerkonten, die Sie zu Lebzeiten im Internet geschlossen und eröffnet haben, laufen nach Ihrem Tod weiter. Für die möglicherweise anfallenden Kosten müssen Ihre Erben aufkommen. Darüber hinaus ist es für Ihre Erben ein aufwendiger und bürokratischer Weg, Ihre bestehenden Profile im Internet zu deaktivieren oder zu löschen, wenn ihnen keine Zugangsdaten vorliegen. Es können Monate vergehen, bis eine beantragte Löschung tatsächlich umgesetzt wird. Also ist es wichtig, dass Sie sich Gedanken über Ihren digitalen Nachlass machen.
Passwörter für Laptop & Co.
Die Geräte die Sie nutzen, wie beispielsweise Ihr Laptop, Smartphone und E-Book, gehen nach Ihrem Tod auf Ihre Erben über. Sind diese Geräte nicht passwortgeschützt, können Ihre Erben die Daten und Bilder ansehen. Sind die Daten hingegen auf dem Server eines Internetproviders gespeichert (in einer Cloud oder ähnlichem), können Ihre Erben nur dann über sie verfügen, wenn sie die Zugangsdaten kennen. So werden Ihre Erben zwar neuer Eigentümer Ihres E-Books. Die digitalen Daten gehören ihnen aber faktisch nicht. Durch die Zugangsdaten können sie erst darauf zugreifen. Gleiches gilt für Ihre online gespeicherte Musik, Film- oder Spielesammlung. Wenn man es ganz genau nimmt, ist die Weitergabe der Passwörter ein Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen der Anbieter. Allerdings wird das zu keinerlei Problemen führen, wenn sich der Erbe mit den von Ihnen extra zu diesem Zweck hinterlassenen Zugangsdaten einloggt.
Tipp
Nachlassverwalter durch Vollmacht bestimmen
Damit Ihre Überlegungen für Ihr "digitales Weiterleben" dann auch so ausgeführt werden, wie Sie es sich vorstellen, sollten Sie einer Person Ihres Vertrauens eine Vollmacht erteilen, die über den Tod hinaus gilt.
Wie ist eine Vollmacht zu erteilen?
Die Vollmacht sollten Sie aus Beweisgründen am besten handschriftlich verfassen und mit Datum und Unterschrift versehen. Selbstverständlich müssen Sie sie eigenhändig unterschreiben.
Hier ein Muster:
Musterformulierung
Übergeben Sie die Vollmacht Ihrem auserwählten Nachlassverwalter und informieren Sie Ihre weiteren Angehörigen darüber, wen Sie zum Verwalter Ihres digitalen Nachlasses gemacht haben.
Gut zu wissen
Falls Sie sich unsicher fühlen, lassen Sie sich rechtlich beraten. Sie können die Vollmacht auch notariell beurkunden lassen.
Nachlassverwalter durch Testament bestimmen
Selbstverständlich können Sie die Verwaltung Ihres digitalen Nachlasses auch in Ihr Testament aufnehmen. Dort können Sie eine Person bestimmen, die sich um die Verwaltung Ihres digitalen Nachlasses kümmern soll. Nicht ratsam ist es hingegen, die Liste der Zugangsdaten mit in das Testament aufzunehmen. Dann müssten Sie bei jeder Passwortänderung Ihr Testament ändern. Gerade bei notariellen Testamenten wäre dies eine teure Angelegenheit.
Tipp für Hinterbliebene
Falls Ihnen keine Zugangsdaten vorliegen ...
Wenn Sie wissen, auf welchen Portalen im Internet der Verstorbene unterwegs war, ist es ratsam, dort einen Kontakt mittels E-Mail oder Kontaktformular herzustellen. Schildern Sie die Situation und reichen Sie die Sterbeurkunde, eine Ausweiskopie des Verstorbenen und den Erbschein ein. Sollten weitere Unterlagen benötigt werden, wird Sie der Betreiber der Seite darauf hinweisen. Bei Facebook beispielsweise kann der Erbe nach Einreichung der Unterlagen zwischen zwei Optionen wählen: Soll die Seite des Verstorbenen gelöscht werden oder "in Gedenken erhalten" werden. Wenn Sie sich für den Gedenkstatus entscheiden, setzt Facebook einen Hinweis auf die Seite, dass diese in Gedenken an den Verstorbenen erhalten bleibt. Erinnerungen, wie die zum Geburtstag, werden abgeschaltet. Bislang war es so, dass die Erben selbst keine Möglichkeit hatten, das Konto des Verstorbenen einzusehen oder zu bearbeiten. Dies hat sich nun mit einem Grundsatzurteil des BGH geändert. Der BGH entschied, dass eine Mutter Zugriff auf das Facebook-Konto ihrer verstorbenen Tochter haben darf, da die Chat-Nachrichten nicht anders behandelt werden könnten, als Tagebücher oder Briefe. In Zukunft ist nach dieser Entscheidung somit das digitale Erbe nicht anders zu behandeln als das gewöhnliche analoge Erbe.
Zugriff und doch kein Zugriff
In Deutschland besteht eine rechtliche Grauzone zwischen Erbrecht und Fernmeldegeheimnis. Bislang fehlt eine gesetzliche Regelung zum Umgang mit dem digitalen Nachlass. Das Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs zur Klage gegen Facebook sollte nun die Kehrtwende eingeläutet haben. Was nun konkret im Einzelfall mit Daten aus Messenger-Diensten passiert, lässt sich im Detail noch nicht absehen. Dennoch sollte jeder Internetnutzer damit rechnen, dass künftig auch sein digitaler Nachlass vererbt wird und damit die Erben ein Recht darauf haben, private Nachrichten aus Messenger-Diensten nach dessen Tod zu lesen.
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