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Erben nur mit Erbschein?

Verzicht möglich

Um an Ihr Erbe zu kommen, müsste doch eigentlich ein Testament oder Erbvertrag ausreichen. Oder brauchen Sie immer einen Erbschein?

Ein Notar unterschreibt ein Schriftstück und besiegelt es.

Rechtsfrage des Tages:

Haben Sie eine Erbschaft gemacht, müssen Sie aktiv werden. Meist führt der Weg zunächst zum Nachlassgericht. Aber brauchen Sie immer einen Erbschein? Und wie bekommen Sie ihn?

Antwort:

Erfahren Sie von einer Erbschaft, müssen Sie so einiges tun. Zunächst sollten Sie sich einen Überblick verschaffen, was alles zum Nachlass gehört. So können Sie entscheiden, ob Sie die Erbschaft annehmen oder doch vielleicht lieber ausschlagen. Treten Sie das Erbe an, müssen Sie sich in vielen Fällen an das Nachlassgericht wenden und einen Erbschein beantragen. Das kann dann schon ein bisschen dauern. Manchmal können Sie darauf aber auch verzichten.

Der Weg zum Erbe

Der vielleicht geläufigste Weg, ein Erbe zu werden, ist durch Testament oder Erbvertrag. Dort hat der Verstorbene zu Lebzeiten festgelegt, wer nach seinem Ableben in den Genuss seines Vermögens und Eigentums kommt. Aber auch ohne ein solches Dokument können Sie Erbe werden. Hat nämlich der Erblasser keine letztwillige Verfügung getroffen, können Sie als Angehöriger im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge als Erbe in Betracht kommen.

Was ist ein Erbschein?

Bei vielen Stellen müssen Sie nachweisen können, dass Sie der Erbe des Verstorbenen sind. Dafür brauchen Sie einen Erbschein. Dabei handelt es sich um ein gerichtliches Dokument, also eine amtliche Bestätigung Ihrer Erbeneigenschaft. Der Erbe kann damit belegen, dass er über den Nachlass verfügen darf. Im Erbschein ist die Person des Erben oder die Erbengemeinschaft benannt und auch die Höhe des Erbteils. 

Gut zu wissen ...

Beantragen Sie einen Erbschein, haben Sie die Erbschaft damit automatisch angenommen. Ausschlagen können Sie sie dann nicht mehr. Prüfen Sie also erst den Nachlass, bevor Sie den Erbschein beantragen.

Erben ohne Erbschein

Es sind Fälle möglich, in denen Sie auf einen Erbschein und die Bürokratie ringsum verzichten können. Halten Sie ein notariell beglaubigtes Testament oder einen entsprechenden Erbvertrag in den Händen, können Sie auf den Antrag beim Nachlassgericht unter Umständen verzichten. Diese Dokumente reichen als Nachweis der Verfügungsberechtigung aus. Auch eine Vorsorgevollmacht oder Kontovollmacht über den Tod hinaus kann einen Erbschein entbehrlich machen. Gelegentlich verlangen allerdings Banken und Sparkassen trotzdem die Vorlage eines Erbscheins. In bestimmten Fällen müssen diese dann aber nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) die Kosten des Erbscheins tragen (BGH, Urteil vom 05.04.2016, Aktenzeichen: XI ZR 440/15).

Tipp:

Im ERGO Rechtsschutz Best gibt es umfangreiche Beratungsleistungen zu Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung.

Wer ist zuständig?

Können Sie auf einen Erbschein nicht verzichten, müssen Sie sich zum Nachlassgericht im letzten Wohnort des Verstorbenen begeben. Dort können Sie mündlich einen Erbschein beantragen. Alternativ können Sie den Antrag auch schriftlich stellen. Muster und Formulare finden Sie auf den Internetseiten vieler Amtsgerichte. 

Als Gemeinschaft

Sind Sie Alleinerbe, bekommen Sie einen Alleinerbschein. Sind im Testament oder nach der gesetzlichen Erbfolge mehrere Erben berufen, können Sie als Erbengemeinschaft einen gemeinsamen Erbschein beantragen. Alternativ können Sie auch einen Teilerbschein bekommen, in dem Ihr Anteil am Nachlass aufgeführt ist. Um einen Erbschein beantragen zu können, müssen Sie sich ausweisen können. Außerdem müssen Sie das Testament oder den Erbvertrag vorlegen. Sind Sie gesetzlicher Erbe, müssen Sie Ihre Erbberechtigung durch entsprechende Dokumente wie Heirats- und Sterbeurkunden oder das Familienstammbuch nachweisen. Außerdem müssen Sie Namen und Anschriften anderer Erben parat haben. Eine Frist müssen Sie bei der Beantragung eines Erbscheins aber nicht einhalten.

Kostenpunkt

Wie viel Sie ein Erbschein kostet, hängt vom Wert des Nachlasses ab. Die Kosten können Sie dem Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) entnehmen. In der Regel müssen Sie noch mit weiteren Gebühren rechnen, etwa für die Abnahme einer eidesstattlichen Versicherung. Diese müssen Sie nämlich oft bei Antragstellung ablegen und versichern, dass Ihnen keine anderen Erben bekannt sind. Wollen Sie die Höhe der Kosten genauer ermitteln, schauen Sie in die Gebührentabelle des Gerichts- und Notarkostengesetzes.

Geduld gefragt

Bis Sie den Erbschein endlich haben, kann es etwas dauern. In der Regel liegt er Ihnen aber binnen weniger Wochen vor. Eine pauschale Antwort auf die Frage nach der Dauer gibt es nicht. Umstände wie Überlastung des Gerichts, Urlaubs- oder Krankheitszeiten können die Bearbeitungsdauer beeinflussen. Haben Sie allerdings bereits bei Antragstellung alle notwendigen Unterlagen dabei, haben Sie schon einen wichtigen Schritt zur Beschleunigung beigetragen.

Wussten Sie, dass ...

… Sie das Grundbuch ändern lassen müssen, wenn Sie eine Immobilie geerbt haben? Hierfür verlangt das Grundbuchamt die Vorlage eines Erbscheins, wenn kein notarielles Testament oder notarieller Erbvertrag vorliegt.

Stand: 01.04.2025

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