Rechtsfrage des Tages:
Eigentlich weiß jeder Autofahrer, dass auf Autobahnen eine Richtgeschwindigkeit gilt. Doch was verbirgt sich dahinter? Und droht ein Bußgeld, wenn Sie schneller fahren?
Antwort:
"Freie Fahrt für freie Bürger" – dieser Spruch hat seit seiner Erfindung in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts noch nicht an Bedeutung verloren. Während Sie in Österreich auf Autobahnen grundsätzlich nicht schneller als 130 km/h fahren dürfen, müssen Sie bei uns nur auf die örtlich begrenzten Tempolimits achten. Eigentlich! Denn tatsächlich gilt auf deutschen Autobahnen eine Richtgeschwindigkeit von 130 km/h.
Kein Tempolimit
Doch welche konkrete Bedeutung hat diese Regelung aus der "Autobahn-Richtgeschwindigkeits-Verordnung"? Jedenfalls ist es kein gültiges Tempolimit. Wegen der Überschreitung der Richtgeschwindigkeit können Sie nicht mit einem Bußgeld zur Kasse gebeten werden. Auf Autobahnen ohne Geschwindigkeitsbeschränkung dürfen Sie je nach Verkehr und Wetter immer noch richtig aufs Gas treten.
Mithaftung möglich
Es handelt sich bei der Richtgeschwindigkeit um eine Empfehlung. So ganz zahnlos ist der Tiger allerdings doch nicht. Sind Sie nämlich auf der Autobahn in einen Unfall verwickelt, können Sie aufgrund der Überschreitung der Richtgeschwindigkeit mit in die Haftung genommen werden. Und das selbst dann, wenn Sie sonst eigentlich keine Schuld haben. Hätten Sie nämlich den Unfall bei Einhaltung der Richtgeschwindigkeit vermeiden können, kann Ihnen die Betriebsgefahr angelastet werden.
Betriebsgefahr
Von jedem Kraftfahrzeug im Straßenverkehr geht eine gewisse Betriebsgefahr aus, für die der Halter haften kann. Rechtlich handelt es sich um eine Gefährdungshaftung. Bei vielen Unfallkonstellationen tritt diese Betriebsgefahr hinter dem Verschulden des Unfallgegners zurück. Waren Sie aber auf der Autobahn schneller unterwegs als die empfohlenen 130 km/h, kann Ihnen die Betriebsgefahr angelastet werden. Manche Gerichte sehen sogar in der Überschreitung ein eigenes Verschulden des eigentlichen Unfallopfers.
Verschulden und Gefährdung
Von der Richtgeschwindigkeit unterscheiden müssen Sie die Regelung des § 3 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung (StVO). Diese Vorschrift fordert vom Autofahrer, seine Geschwindigkeit den Sicht- und Witterungsbedingungen anzupassen. Fahren Sie beispielsweise bei Nebel zu schnell und es kommt zu einem Unfall, trifft Sie eine Verschuldenshaftung wegen Verstoßes gegen diese Vorschrift. Auf die Richtgeschwindigkeit kommt es dabei nicht an. Daneben verliert die Richtgeschwindigkeit auch ihre Bedeutung, wenn Schilder ein darunterliegendes Tempolimit anzeigen.
Wo gilt Richtgeschwindigkeit?
Auch wenn die Verordnung sich namentlich auf Autobahnen bezieht, so gilt die Richtgeschwindigkeit auch auf Autobahnen ähnlichen Straßen. Die Verordnung benennt ausdrücklich Straßen außerhalb geschlossener Ortschaften mit Fahrbahnen für eine Richtung, die durch Mittelstreifen oder andere bauliche Einrichtungen getrennt sind. Ebenfalls gilt die Richtgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften, wenn die Fahrbahnen mindestens zwei durch Fahrstreifenbegrenzungen oder Leitlinien markierte Fahrstreifen für jede Richtung haben. Solange also auf diesen Straßen kein anderes Tempolimit gilt, sollten Sie die Richtgeschwindigkeit im Hinterkopf haben. Sie gilt für Kraftfahrzeuge bis zu 3,5 Tonnen.
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