Rechtsfrage des Tages:
Hatten Sie einen unverschuldeten Unfall, reguliert die Haftpflichtversicherung des Verursachers den Schaden an Ihrem Fahrzeug. In bestimmten Fällen muss sie sogar die Reparatur trotz Totalschaden zahlen. Wie geht das?
Antwort:
Wurde Ihr Auto bei einem Unfall massiv beschädigt, kann selbst bei einem jungen Fahrzeug ein wirtschaftlicher Totalschaden vorliegen. Trotzdem zwingt Sie niemand zum Verkauf Ihres Fahrzeugs. Ob Ihnen aber die gegnerische Versicherung die Reparaturkosten vollständig zahlen muss, hängt vom Verhältnis bestimmter Werte bezogen auf Ihren Wagen ab. Belaufen sich die Reparaturkosten auf bis zu 130 Prozent des Wiederbeschaffungswertes, dürfen Sie reparieren lassen.
Total kaputt
Zunächst müssen Sie unterscheiden. Ist ein technischer Totalschaden eingetreten, ist Ihr Auto nicht mehr zu retten. Eine Instandsetzung ist schlicht nicht mehr möglich und Sie werden sich verabschieden müssen. Weit häufiger liegt aber ein wirtschaftlicher Totalschaden vor. Dann ist es rechnerisch unwirtschaftlich, Ihr Fahrzeug reparieren zu lassen. Ein Grund zur Trennung ist das nicht immer.
Was sagt das Gutachten?
Bei einem Haftpflichtschaden mit voraussichtlich hohen Reparaturkosten sollten Unfallgeschädigte auf einen Sachverständigen zurückgreifen. Dieser kalkuliert die voraussichtlichen Reparaturkosten und den Wert des Fahrzeugs unmittelbar vor dem Unfall. Das ist der sogenannte Wiederbeschaffungswert. Einfluss darauf haben das Alter des Autos, die Laufleistung, der Zustand sowie mögliche Vorschäden. Und natürlich um was für einen Wagen es sich handelt. Ein Reparaturschaden liegt vor, wenn die Reparaturkosten inklusive Mehrwertsteuer unterhalb dieses Wiederbeschaffungswertes liegen. Liegen sie darüber, ist ein wirtschaftlicher Totalschaden eingetreten.
Was zahlt die Versicherung?
Bei einem Reparaturschaden ist die Sache klar. Lassen Sie Ihr Auto vollständig reparieren, muss die Versicherung diese Reparaturkosten übernehmen. Bei einem wirtschaftlichen Totalschaden zahlt sie hingegen in der Regel nur den Wiederbeschaffungsaufwand. Im Gutachten finden Sie nämlich meist noch einen weiteren Betrag: den Restwert. Diesen bietet ein Restwertaufkäufer für den Kauf des verunfallten Fahrzeugs ohne Reparatur. Verkaufen Sie also Ihren Wagen an diesen Anbieter, erhalten Sie von ihm den Restwert und von der Versicherung die Differenz zwischen Wiederbeschaffungswert und Restwert. Insgesamt kommen Sie also auf den Betrag, den Ihr Auto kurz vor dem Unfall wert war.
Integrität wird geschützt
Ein wirtschaftlicher Totalschaden ist meist bitter. Für das Geld bekommen Sie häufig nicht ein Ihrem alten Fahrzeug entsprechendes Auto. Außerdem sind gerade Gebrauchtfahrzeuge zurzeit schwer zu bekommen. Daher gibt es ein Schlupfloch. Liegen nämlich die Reparaturkosten innerhalb von 130 Prozent des Wiederbeschaffungswertes, können Sie Ihr Gefährt reparieren lassen. Und die Versicherung muss trotz rechnerischem Totalschaden diese Kosten übernehmen.
Ein Beispiel
Der Wiederbeschaffungswert Ihres Autos vor dem Unfall liegt bei 5.000 Euro. Die Reparaturkosten würden sich auf 6.200 Euro belaufen. Damit liegt eigentlich ein Totalschaden vor. Die 130-Prozent-Grenze liegt aber bei 6.500 € und damit über den Reparaturkosten. Lassen Sie Ihr Fahrzeug nun vollständig gemäß des Gutachtens reparieren, zahlt die Versicherung die Reparaturkosten.
Möglich, aber …
Zwei wichtige Aspekte dürfen Sie dabei nicht außer Acht lassen. Die Integritätsgrenze muss sich rechnerisch aus dem Gutachten ergeben. Ist sie dort überschritten, können Sie auch nicht anteilig die Reparaturkosten von der Versicherung verlangen. Außerdem müssen Sie Ihr Fahrzeug mindestens sechs Monate weiter behalten und nutzen. Schließlich soll Ihrer Anhänglichkeit zu Ihrem Auto Rechnung getragen werden und nicht einer Luxusreparatur für einen gewinnbringenden Verkauf.
Auch interessant:
Damit Sie Ihr gutes Recht bekommen
Hier finden Sie den Verkehrsrechtsschutz nicht nur für Autofahrer, sondern für alle Verkehrsteilnehmer.