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Versicherungen für Flüchtlinge

So sichern sich Geflüchtete richtig ab

Für viele Situationen im Leben gibt es in Deutschland Versicherungen. Welche davon brauchen Geflüchtete?

Ein Mann und eine Frau befüllen gemeinsam Anträge.

Im Jahr 2023 wurden über 329.120 Asylanträge in Deutschland gestellt (Quelle: BAMF). Viele Flüchtlinge kommen aus den Krisengebieten in Syrien, Afghanistan oder dem Irak, und fliehen vor Krieg und Zerstörung. Darüber hinaus sind bis Mitte April 2024 rund 1,16 Millionen Schutzsuchende aus der Ukraine aufgrund des Angriffskrieges Russlands nach Deutschland gekommen. In Deutschland stellt sich Geflüchteten eine Flut an Bürokratie entgegen. Besonders im komplizierten deutschen Gesundheits- und Versicherungssystem fühlen sich viele hilflos. Sprachbarrieren erschweren die Situation zusätzlich.

Dieser Ratgeber der ERGO gibt Ihnen einen Überblick über die Versicherungen in Deutschland. Erfahren Sie, welche Angebote es gibt und welcher Versicherungsschutz für Sie sinnvoll und wichtig ist.

Das Wichtigste im Überblick:

  • Viele Versicherungen sind für Flüchtlinge erst bei einem langfristigen Aufenthalt in Deutschland nötig und sinnvoll – besonders dann, wenn sie nicht mehr unter das Asylbewerberleistungsgesetz fallen.
  • Die Krankenversicherung und die private Haftpflichtversicherung zählen in Deutschland zu den wichtigsten Versicherungen.
  • Möchten Sie die Gegenstände in Ihrer Wohnung oder Ihrem Haus absichern, ist die Hausratversicherung die richtige Wahl.

Welche Versicherungen brauche ich in Deutschland?

Ob im Alltag, im Beruf, im Urlaub oder unterwegs: Für fast jede Situation gibt es in Deutschland eine Versicherung. Diese Versicherungen decken im Schadens- oder Krankheitsfall die Kosten ab. Doch das Versicherungssystem ist kompliziert. V. a. für Neuankömmlinge ist es schwierig, die verschiedenen Versicherungen und deren Notwendigkeit zu verstehen. Neben der Krankenversicherung und der Haftpflichtversicherung sind noch andere Versicherungen für Flüchtlinge wichtig.

Krankenversicherung für Flüchtlinge

Die Krankenversicherung ist in Deutschland die Voraussetzung für die medizinische Versorgung. Sie übernimmt u. a. die Kosten für Arztbesuche, Krankenhausaufenthalte und notwendige Medikamente. Hier erfahren Sie alles zum Thema Krankenversicherung für Flüchtlinge.

Info:

In den ersten 18 bzw. 36 Monaten (Änderung im Februar 2024 ) ihres Aufenthalts sind Flüchtlinge nicht krankenversichert, sondern erhalten eine (eingeschränkte) medizinische Versorgung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Erst nach diesem Zeitraum erhalten Geflüchtete eine elektronische Gesundheitskarte und haben damit Anspruch auf die Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen. Für die Anmeldung bei der Krankenkasse und die Kostenübernahme ist das Sozialamt zuständig. Mit einer Aufenthaltserlaubnis dürfen Sie in Deutschland arbeiten und sind damit automatisch pflichtversichert und frei in der Wahl Ihrer Krankenkasse.

Besondere Regelungen: Krankenversicherung für Geflüchtete aus der Ukraine

Seit dem 1. Juni 2022 können aus der Ukraine geflüchtete Menschen Sozialleistungen nach dem Sozialgesetzbuch erhalten. Darunter fällt auch der Anspruch auf eine Krankenversicherung. Dafür gelten folgende Voraussetzungen:

  • Vorlage einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Aufenthaltsgesetz oder die sogenannte Fiktionsbescheinigung.
  • Registrierung im Ausländerzentralregister.

Als ukrainischer Geflüchteter können Sie sich in Deutschland krankenversichern, wenn Sie hierzulande eine Arbeit aufnehmen oder Bürgergeld bzw. Sozialhilfe beziehen. Um Sozialleistungen zu erhalten, gehen Sie wie folgt vor:

  • Geflüchtete zwischen 15 und 65 Jahren, die noch keine Arbeit gefunden haben, können bei einem Jobcenter in ihrer Region Bürgergeld beantragen.
  • Geflüchtete, die älter als 65 Jahre sind oder die aus gesundheitlichen Gründen oder wegen einer Behinderung arbeitsunfähig sind, können Sozialhilfe beantragen. Dabei ist das Sozialamt die zentrale Anlaufstelle.

Sie können sich frei eine der zugelassenen gesetzlichen Krankenkassen aussuchen. Als Krankenkassenmitglied erhalten Sie eine elektronische Gesundheitskarte. Mit dieser Karte können Sie alle regulären Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch nehmen.

Übrigens:

Die Mitgliedschaft bei der Krankenkasse Ihrer Wahl können Sie bereits vor Ihrem Kontakt mit dem Jobcenter oder Sozialamt beantragen. Legen Sie Ihre Mitgliedsbescheinigung oder Ihren Mitgliedsantrag für Ihre ausgewählte Krankenkasse einfach beim Jobcenter oder Sozialamt vor.

Private Haftpflichtversicherung

Die private Haftpflichtversicherung schützt Sie vor hohen Kosten, wenn Sie anderen versehentlich einen Schaden zufügen. Z. B., wenn Sie das Handy eines Bekannten beschädigen. Die Haftpflichtversicherung deckt sowohl Schäden an Personen und deren Eigentum als auch Vermögensschäden ab. Einige Kommunen schließen Sammelversicherungen für ihre örtlich untergebrachten Geflüchteten ab. Informieren Sie sich, ob das in Ihrer Kommune der Fall ist – dann sind Sie, zumindest bis Sie einen Aufenthaltsstatus erhalten, über die kommunale Versicherung haftpflichtversichert. Weitere Infos über die Haftpflichtversicherung für Flüchtlinge finden Sie hier.

Unfallversicherung und Berufsunfähigkeitsversicherung

Darüber hinaus gibt es die gesetzliche Unfallversicherung. Diese wird automatisch für Sie abgeschlossen, sobald Sie in Deutschland arbeiten. Dazu zählen z. B. auch Praktika und Minijobs. Die gesetzliche Unfallversicherung sichert Sie an Ihrem Arbeitsplatz und auf dem Weg dorthin ab.

Die private Unfallversicherung kommt für die Behandlungskosten einer dauerhaften körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung infolge eines Unfalls auf. Außerdem können Bergungskosten, kosmetische Operationen, Krankenhaustagegelder und Zahlungen im Todesfall übernommen werden. Die Unfallversicherung zahlt allerdings nur, wenn die Ursache für Ihren Schaden auch tatsächlich ein Unfall ist.

Sie möchten länger in Deutschland bleiben und haben einen festen Job? Dann kann die Berufsunfähigkeitsversicherung als Ergänzung zur Unfallversicherung für Sie sinnvoll sein. Die Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt, wenn Sie aufgrund einer körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung in Ihrem Beruf nicht mehr arbeiten können. Auch, wenn die Ursache eine Krankheit ist – im Gegensatz zur Unfallversicherung. Allerdings ist ein festes Berufsbild (z.B. Elektroniker oder Erzieher) Voraussetzung für die Berufsunfähigkeitsversicherung. Damit schätzen Versicherer das Risiko bei Ihrer beruflichen Tätigkeit ab.

Sowohl bei der Unfall- als auch bei der Berufsunfähigkeitsversicherung können Sie die Versicherungssumme individuell festlegen. Danach richten sich die monatlichen Kosten. Private Unfallversicherungen gibt es bereits ab ca. 20 € im Monat. Berufsunfähigkeitsversicherungen hingegen sind etwas teurer. Dabei können Sie mit monatlichen Kosten ab ca. 40 € rechnen. Für einen umfangreicheren Schutz zahlen Sie schnell über 70 €.

Versicherungen für Flüchtlinge

Zahnzusatzversicherung

Zahnzusatzkosten, z. B. für Zahnersatz, werden in Deutschland nicht oder nur z. T. von der Krankenversicherung bezahlt. Für viele Deutsche ist die Zahnzusatzversicherung daher sehr wichtig, um hohe Kosten zu vermeiden.

In den ersten 18 bzw. 36 Monaten des Aufenthalts regelt das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) alle medizinischen Behandlungen von Flüchtlingen. Kosten für unbedingt notwendige zahnmedizinische Eingriffe übernimmt das zuständige Sozialamt. Danach sind Sie jedoch automatisch gesetzlich krankenversichert. Zusätzliche Zahnbehandlungskosten kann dann nur noch eine Zahnzusatzversicherung tragen. Diese übernimmt Kosten für Zahnersatz und -erhalt. So können Sie mehrere Tausend Euro sparen. Sind Sie besonders anfällig für Zahnprobleme, lohnt sich diese Versicherung.

Die Kosten für eine Zahnzusatzversicherung hängen von den Leistungen ab. Sie können entscheiden, ob Sie 50 oder 100 % der Kosten abdecken möchten. Einen geringeren Umfang bekommen Sie meist für unter 10 € monatlich.

Hausratversicherung

Mit einer Hausratversicherung sichern Sie Ihren Hausrat ab, also Gegenstände, Möbel usw. Sie greift z. B. bei Schäden durch Einbrüche und Diebstahl. Auch Feuer- und Wasserschäden deckt die Hausratversicherung ab. Voraussetzung: Sie haben eine eigene Wohnung mit Mietvertrag. Wie hoch die Kosten für die Hausratversicherung sind, hängt ab von:

  • der Größe der Wohnung
  • dem Wohnort
  • der gewünschten Versicherungssumme pro Quadratmeter
  • dem gewünschten Schutzumfang (z. B. kostenpflichte Zusätze wie erweiterter Schutz für Wertsachen oder Fahrradversicherung)

Zu empfehlen ist eine Versicherungssumme von ca. 650 € pro Quadratmeter . Eine Hausratversicherung für eine Wohnung von 60 qm bekommen Sie schon ab ca. 5 € monatlich.

Risikolebensversicherung

Planen Sie länger in Deutschland zu bleiben? Zahlen Sie einen Kredit ab oder ist Ihre Familie bzw. Ihr Partner finanziell besonders auf Sie angewiesen, z. B. weil Sie der Hauptverdiener sind? Dann kann sich der Abschluss einer Risikolebensversicherung lohnen. Die Risikolebensversicherung ist dazu da, Ihre Familie im Fall Ihres Todes abzusichern. Falls Sie sterben, kann Ihre Familie mit der Versicherungssumme anstehende Rechnungen bezahlen. Die Risikolebensversicherung schützt also Ihre Hinterbliebenen vor finanziellen Engpässen.

Eine Risikolebensversicherung ist vergleichsweise günstig, je nach Versicherungssumme und -dauer. Schon ca. ab 2 € pro Monat können Sie eine abschließen.

Fazit: Versicherungen für Flüchtlinge in Deutschland

In Deutschland gibt es viele Versicherungen. Neben der Krankenversicherung, die für alle Bundesbürger Pflicht ist, gibt es noch viele weitere, die auch für Geflüchtete sinnvoll sind. Welche Versicherungen Geflüchtete benötigen, entscheidet sich nach der individuellen Lebenssituation. V. a. Ihre Aufenthaltsdauer ist entscheidend. Bleiben Sie länger in Deutschland und haben Sie einen festen Job und eine feste Wohnung? Dann denken Sie über einen umfangreichen Versicherungsschutz nach.

Wichtig:

Die meisten Versicherungen müssen Sie selbst bezahlen. Bei einigen Versicherungen trägt das Sozialamt oder die Kommune die Kosten. Fragen Sie dazu am besten bei den für Sie zuständigen Stellen nach. Bei Sprachproblemen nehmen Sie auf jeden Fall jemanden mit, der für Sie übersetzen kann.

Häufige Fragen

Wenn Sie als geflüchtete Person nach Deutschland kommen, müssen Sie sich sofort bei oder nach Ihrer Ankunft bei einer staatlichen Stelle melden. Die Grenzbehörde ist die richtige Stelle, wenn Sie sich bereits bei der Einreise asylsuchend melden. Im Anschluss werden Sie an eine Erstaufnahmeeinrichtung weitergeleitet. Falls Sie bereits im entsprechenden Land sind, wenden Sie sich an eine Sicherheitsbehörde (z. B. Polizei), an eine Ausländerbehörde oder direkt an ein Ankunftszentrum.

Direkt nach Ihrer Ankunft in Deutschland übernehmen erst einmal die Bundesländer Ihre gesundheitliche Versorgung. Das gilt solange Sie in einer Erstaufnahmeeinrichtung bzw. in einer zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) untergebracht sind. Zu Beginn werden Sie in der Zentralen Erstaufnahme (ZEA) im Rahmen einer verpflichtenden Erstuntersuchung auf übertragbare Krankheiten untersucht. Bei gesundheitlichen Beschwerden haben Sie nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) Anspruch auf medizinische Versorgung.

Erst nach 36 Monaten Aufenthalt haben Flüchtlinge Anspruch auf Leistungen entsprechend der gesetzlichen Krankenversicherung. Im Rahmen einer Neuregelung des § 2 Abs. 1 Asylbewerberleistungsgesetz im Februar 2024 wurde die Wartezeit von 18 auf 36 Monate angehoben. Personen, die sich zum Zeitpunkt der Neuregelung bereits 18 Monate in Deutschland aufhalten, genießen jedoch Bestandsschutz und können die erweiterten Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung auch dann in Anspruch nehmen, wenn sie noch keine 36 Monate in Deutschland leben.

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