Rechtsgrundlage
Mit Verkündung des Patientenrechtegesetzes am 26.02.2013 hat die ärztliche Dokumentationspflicht Einzug in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) gefunden. Und zwar in § 630 f BGB. Ärzte sind nunmehr verpflichtet, für die Behandlung Wesentliches zu dokumentieren. Sie als Patient haben das Recht Einsicht in diese Behandlungsaufzeichnungen zu nehmen.
Dokumentationszweck
Die ärztliche Dokumentation dient der Therapiesicherung und der Rechenschaftslegung.
Eine sorgfältige Dokumentation ist unumgänglich, wenn mehrere Ärzte mit der Behandlung eines Patienten betraut sind. Egal, ob parallel oder hintereinander. Ansonsten besteht die Gefahr, dass Maßnahmen entweder nicht oder doppelt ergriffen werden.
Die ärztlichen Aufzeichnungen sollen Sie auch über erhobene Befunde und durchgeführte Maßnahmen informieren. Sie sollen Ihnen die Möglichkeit verschaffen, diese gegebenenfalls von einem anderen Arzt überprüfen zu lassen.
Die Kostenträger (gesetzliche Krankenkassen, private Krankenversicherungen) wiederum nutzen die Aufzeichnungen, um Abrechnungen zu prüfen.
Was wird dokumentiert? Inhalt und Umfang
Grundsätzlich muss die Dokumentation umso genauer und umfangreicher sein, je komplizierter die zu dokumentierenden Tatsachen sind. Eine Dokumentation muss über Folgendes informieren:
- Personalien des Patienten
- Datum der Behandlung
- Beginn und Ende der Behandlung
- Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte, meist durch Befragung des Patienten
- Diagnose: Untersuchungsergebnisse, Messergebnisse, Laborergebnisse und daraus gewonnene Befunde. Auch ein Verdacht auf eine bestimmte Erkrankung gehört hierher, falls keine sichere Diagnose möglich ist.
- Therapie: Welche Behandlung wurde durchgeführt, welche Medikamente wurden verordnet, von wem und in welcher Dosis? Wer hat die Medikamente verabreicht? Wurden weitere Maßnahmen verordnet, z. B. Krankengymnastik?
- Unerwartete Zwischenfälle: Hat der Operateur während einer Operation gewechselt? Musste ein Patient zur Eigensicherung fixiert werden? Hat ein Patient das Krankenhaus gegen ärztlichen Rat verlassen oder eine ärztliche Behandlung abgebrochen?
- Aufklärung des Patienten: z. B. über Nebenwirkungen eines Medikaments oder darüber, dass nach den pupillenerweiternden Augentropfen des Augenarztes erst einmal nicht Auto gefahren werden sollte. Die Dokumentation der Aufklärung ist nicht vorgeschrieben, aber zu Beweiszwecken wichtig – auch für den Arzt.
Wer muss dokumentieren?
Jeder an der Behandlung beteiligte Arzt muss eine eigene Dokumentation erstellen.
Wann wird dokumentiert?
Die Dokumentation muss zeitnah zur Behandlung erfolgen. Wenn eine Dokumentation während der Behandlung nicht möglich ist, muss der Arzt diese unmittelbar nach Abschluss der Behandlung nachholen. Er darf zwar Nachträge hinzufügen. Allerdings muss er dann das Datum und den Grund für den Nachtrag vermerken.
Aufbewahrungsfrist
Folgende Aufbewahrungsfristen für Dokumentationen gibt es:
- 10 Jahre lang nach Abschluss der Behandlung, soweit keine längere gesetzliche Frist besteht
- Verschiedene spezialgesetzliche Fristen zwischen 5 Jahren (Geschlechtskrankheiten) und 15 Jahren (Bluttransfusionen)
Diese Fristen gelten auch nach Praxisaufgabe. Eine längere Aufbewahrung ist aber im Interesse des Arztes zu empfehlen. Denn Schadenersatzansprüche wegen Verletzungen an Körper oder Gesundheit verjähren mitunter in 30 Jahren.
Folgen bei Dokumentationsmängeln
Mangelhafte Dokumentationen können zur Folge haben:
- Berufsrechtliche Sanktionen gegen den Arzt
- Beweiserleichterungen für den Patienten im Arzthaftungsprozess
Grundsätzlich muss der Patient als Kläger beweisen, welche Maßnahmen oder Behandlungen der Arzt durchgeführt hat oder auch nicht. Die Dokumentation dient dabei als Beweismittel, das vom Arzt vorgelegt werden muss. Wenn der Arzt aber ungenügend oder gar nicht dokumentiert hat, kommt es zu Beweiserleichterungen zu Ihren Gunsten:
Gemäß § 630 h Abs. 3 BGB wird zugunsten des Patienten vermutet, dass der Arzt die nicht dokumentierte Maßnahme tatsächlich nicht getroffen hat. Aber Vorsicht: Sie werden trotzdem nicht von der Verpflichtung frei, nachzuweisen, dass das Unterlassen bestimmter Maßnahmen ursächlich war für einen eingetretenen Schaden.
Einsichtsrecht – Umfang und Grenzen
Das Einsichtsrecht wird unmittelbar aus § 630 g BGB abgeleitet. Ein besonderes Interesse an der Einsicht brauchen Sie nicht nachzuweisen. Sie haben daher immer Anspruch auf Einsicht in Ihre Krankenakte. Es sei denn, erhebliche therapeutische Gründe oder sonstige erhebliche Rechte Dritter stünden dem entgegen.
Das Einsichtsrecht schließt auch Ergebnisse von Labortests oder Röntgenbilder und andere technische Aufzeichnungen ein. Auch in Aufzeichnungen über Behandlungsmaßnahmen und verabreichte Medikamente usw. ist Einsicht zu gewähren.
Im Servicebereich finden Sie ein Merkblatt zum Thema Arzthaftungsfall – wie Sie Beweise sichern.
Ihr Einsichtsrecht ist beschränkt durch das Persönlichkeitsrecht des Arztes: Hat der Arzt persönliche Eindrücke über Sie oder Ihre Angehörigen in der Akte vermerkt, ist er nicht verpflichtet, diese offenzulegen. Das gilt auch bei einer vorläufigen Verdachtsdiagnose, die sich in der Folge nicht bestätigt hat. Der Arzt darf solche Eindrücke in der Krankenakte abdecken, muss es aber so machen, dass die Abdeckung erkennbar ist.
Weitere Auskunftsansprüche des Patienten
- Namen und ladungsfähige Anschriften (für eine Klage erforderlich) der behandelnden Ärzte und des Pflegepersonals
- Nach Ansicht einiger Gerichte kann der Patient eine leserliche Abschrift unleserlicher handschriftlicher Unterlagen fordern.
- Bei berechtigtem Interesse kann der Patient Informationen verlangen, die nur indirekt mit seiner Behandlung zu tun haben. Beispiel: Wurde das Röntgengerät wie vorgeschrieben regelmäßig geprüft? Ein berechtigtes Interesse liegt vor, wenn der Patient die Information für die Geltendmachung eines Schadenersatzanspruchs benötigt.
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