Rechtsfrage des Tages:
Wer einen Prozess gewinnt, muss in der Regel keine Verfahrenskosten tragen. Wer zahlt aber den eigenen Anwalt?
Antwort:
Bei Zivilverfahren vor den Amtsgerichten heißt es meist: Wer unterliegt, zahlt die Musik. Das gilt für Klagen auf Schadenersatz ebenso wie für Verfahren über Mängel einer Mietwohnung. Die Entscheidung über die Kostentragung ist Teil des Urteilsspruches. Wurde Ihrer Klage vollständig stattgegeben, muss der unterlegene Beklagte die Kosten des Verfahrens tragen. Und das kann ganz schön ins Geld gehen. Er muss nämlich nicht nur die Gerichtsgebühren zahlen. Dazu kommen gegebenenfalls Zeugenentschädigungen, Sachverständigenkosten und andere Auslagen. Und auch die Anwaltskosten der obsiegenden Partei gehören dazu.
Anwalt kostenlos?
Auch wenn im Fall Ihres Obsiegens die Gegenseite die Verfahrenskosten tragen muss, können Sie trotzdem vorher zur Kasse gebeten werden. Denn Sie haben mit der Übertragung des Mandats einen Vertrag mit Ihrem Anwalt geschlossen. Er berät und vertritt Sie gegenüber dem Anspruchsgegner. Im Gegenzug sind Sie verpflichtet, die entstandenen Rechtsanwaltsgebühren zu zahlen.
Höhe der Anwaltskosten
Im gerichtlichen Verfahren bestimmen sich die Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Für die Erhebung der Klage erhält der Rechtsanwalt z. B. eine Verfahrensgebühr. Die Höhe der Gebühr richtet sich nach dem Gebührensatz und dem Streitwert. Das ist der Wert der Forderung, über die Sie streiten.
Zahlung vor Urteil
An diesem vertraglichen Anspruch des Anwalts auf Zahlung seiner Gebühren ändert auch das Urteil nichts: Kostenschuldner der Gebühren bleiben Sie. Ihr Anwalt ist auch keineswegs verpflichtet, Ihnen seine Kosten erst nach Abschluss des Verfahrens in Rechnung zu stellen. Fällig werden die Gebühren zwar nach § 8 RVG erst mit Erledigung oder Beendigung der Angelegenheit. Allerdings kann Ihr Anwalt einen Vorschuss verlangen. Da gerichtliche Verfahren häufig recht lang dauern, verfahren viele Rechtsanwälte entsprechend.
Kostenfestsetzung durch das Gericht
Der Ausspruch im Urteil ist trotzdem nicht nur Schall und Rauch. Dem eigentlichen Verfahren schließt sich nämlich das Kostenfestsetzungsverfahren an. Die obsiegende Partei stellt dafür beim Gericht einen Antrag auf Kostenfestsetzung. Darin werden unter anderem die entstandenen Anwaltsgebühren und vorausgezahlte Gerichtsgebühren aufgeführt. Die Gegenseite erhält Gelegenheit zur Stellungnahme. Dann setzt das Gericht weitere Gerichts- und Verfahrenskosten hinzu und erlässt einen Kostenfestsetzungsbeschluss.
Kosten zurückholen
Mit diesem vollstreckbaren Titel können Sie von der Gegenseite verlangen, dass sie die von Ihnen bereits gezahlten Anwaltskosten erstattet. Keine Sorge: Ihr Anwalt wird sich für Sie auch um das Kostenfestsetzungsverfahren kümmern. Wenn nötig, können Sie Ihre Forderungen dann auch durch einen Gerichtsvollzieher beitreiben lassen.
Gewonnen nur zum Teil
Natürlich kann ein Klageverfahren auch mit einem nicht so eindeutigen Ergebnis enden. Vielleicht hat Ihnen das Gericht einen Teil Ihrer Forderung zugesprochen, einen anderen Teil hingegen abgewiesen. Die Verfahrenskosten teilt das Gericht dann im Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens auf. Haben Sie Ihre Klage z. B. zu 70 % gewonnen, muss die Gegenseite auch 70 % Ihrer Anwaltskosten tragen. Allerdings müssen Sie deren Kosten auch zu 30 % zahlen. Wer wie viel bekommt, rechnet das Gericht im Kostenausgleichsverfahren aus.
Sonderfall Arbeitsgericht
Etwas anders ist die Situation in Verfahren vor dem Arbeitsgericht in der ersten Instanz. Zwar gilt auch dort die Grundregel, dass der Unterlegene die Gerichtskosten zahlen muss. Die eigenen Anwaltskosten muss aber jede Partei selbst tragen. Das gilt unabhängig vom Ausgang des Prozesses. Geht ein Verfahren hingegen in die zweite Instanz, fallen dort die Anwaltskosten der Gegenseite wiederum der unterliegenden Partei zur Last.
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