Rund 1.000 Kinder in Deutschland verlieren jährlich beide Elternteile. Wer dann das Sorgerecht bekommt, ist nicht immer eindeutig und muss oft gerichtlich geklärt werden. In einer Sorgerechtsverfügung äußern Eltern ihren Willen zur Sorge für ihr minderjähriges Kind nach ihrem Tod. Dies ist in den §§ 1776 und 1782 BGB geregelt.
Das Wichtigste im Überblick:
- Mit einer Sorgerechtsverfügung legen Eltern einen Vormund fest, der bei ihrem Tod das Sorgerecht für ihr minderjähriges Kind bekommt.
- Die Sorgerechtsverfügung muss eindeutig als solche gekennzeichnet und handschriftlich verfasst sein, Ort und Datum enthalten und mit Vor- und Nachnamen unterschrieben werden.
- Es empfiehlt sich, neben dem Vormund auch eine Ersatzperson festzulegen. Darüber hinaus können Personen als Vormund ausgeschlossen werden, was in der Sorgerechtsverfügung fundiert begründet werden muss.
Was ist eine Sorgerechtsverfügung?
Im Mittelpunkt einer Sorgerechtsverfügung steht die Frage, wer das Kind nach dem Tod der Eltern betreut. Vor allem Alleinerziehende beschäftigen sich mit dem Thema Sorgerechtsverfügung. Doch auch wenn das Sorgerecht bei beiden Eltern liegt: Kommen beide Elternteile bei einem Unglück ums Leben, wird die Frage nach dem Sorgerecht relevant.
Um eine gültige Sorgerechtsverfügung für Ihr Kind oder Ihre Kinder zu verfassen, müssen Sie nur eine Voraussetzung erfüllen: Sie müssen das geteilte oder alleinige Sorgerecht besitzen. Nur so haben Sie rechtlich gesehen das Benennungsrecht für einen Vormund. Der mögliche Vormund wiederum sollte:
- volljährig sein
- jung genug sein, um die Vormundschaft bis zur Volljährigkeit des Kindes ausüben zu können
Viele Großeltern in fortgeschrittenem Alter brauchen selbst schon Hilfe, um den Alltag zu meistern. In diesem Fall wären sie als Vormund eher ungeeignet. Jüngere Großeltern dagegen sind oft ideal als potenzieller Vormund.
Unterschiede Sorgerechtsverfügung und Sorgerechtsvollmacht
Während die Sorgerechtsverfügung das Sorgerecht für den Fall des Todes der Eltern regelt, gilt die Sorgerechtsvollmacht unabhängig vom Todesfall. Mit einer Sorgerechtsvollmacht können Eltern einen Vormund für ihre Kinder bestimmen, falls sie zu Lebzeiten aufgrund eines Unfalls oder einer schweren Krankheit das Sorgerecht nicht mehr ausüben können. Wie die Vorsorgevollmacht kann auch die Sorgerechtsvollmacht jederzeit widerrufen werden.
Wann brauche ich eine Sorgerechtsverfügung?
Auch wenn niemand gern darüber nachdenkt: Unglücksfälle können passieren. Liegt nach dem Tod der Eltern keine Sorgerechtsverfügung vor, entscheidet der Richter bzw. die Richterin gemeinsam mit dem Jugendamt über den Vormund. Dabei gibt es keine festen Regeln. Der Richter handelt nach eigenem Ermessen und zum Wohl des Kindes. U. U. kann das dennoch Kinderheim oder die Betreuung in einer Pflegefamilie bedeuten. Erst ab einem Alter von 14 Jahren haben Kinder ein Mitspracherecht und dürfen sich auch der von den Eltern gewählten Lösung widersetzen. Z. B. dann, wenn ein Umzug und ein damit verbundener Schulwechsel notwendig wären.
Wer hat das Sorgerecht beim Todesfall der Eltern?
Wenn sich beide Eltern das Sorgerecht geteilt haben und ein Elternteil stirbt, übernimmt der andere das Sorgerecht nach § 1680 BGB. Dabei zählt nicht, ob die Eltern verheiratet waren oder womöglich getrennt lebend. Wer das Sorgerecht beim Tod beider Eltern bekommt, muss – wenn keine Sorgerechtsverfügung vorliegt – richterlich geklärt werden.
Verwandte, Großeltern und Taufpaten stehen bei der Vergabe des Sorgerechts nicht automatisch an erster Stelle. Eine Sorgerechtsverfügung schafft Klarheit. Denn damit liegt dem Richter Ihr Wille vor. Auch wenn er nicht verpflichtet ist, ihm zu folgen: Die Verfügung erhöht die Chancen, dass Ihr Kind bei Ihrer Wunschperson aufwächst. Vor der richterlichen Einwilligung wird überprüft, ob der mögliche Sorgeberechtigte als Elternersatz geeignet ist.
Sorgerechtsverfügung bei Alleinerziehenden oder Patchworkfamilien
Lag das Sorgerecht nur bei dem verstorbenen Elternteil, übertragen die Gerichte oft dem noch lebenden das Sorgerecht. Ist das nicht in Ihrem Sinn, begründen Sie es in Ihrer Sorgerechtsverfügung ausführlich. Ein Grund kann z. B. sein, dass sich der andere Elternteil nie um das Kind gekümmert hat.
Sorgerechtsverfügungen sind auch für Patchworkfamilien relevant. Denn das Sorgerecht geht beim Tod des Elternteils nicht automatisch auf seinen Lebensgefährten über. Auch dann nicht, wenn alle zusammen unter einem Dach gewohnt haben. Mit einer Sorgerechtsverfügung können Sie im Ernstfall Ihrem Kind ein langwieriges Gerichtsverfahren mit Zwischenstation im Heim ersparen.
Exkurs: Taufpatenschaft und Sorgerecht
Taufpaten bekommen nicht automatisch das Sorgerecht, wenn die Eltern sterben. Sowohl eine kirchliche als auch eine nicht konfessionelle Patenschaft haben heute rechtlich gesehen keine Funktion mehr. Es besteht nur eine kirchliche bzw. moralische Verpflichtung des Paten gegenüber dem Kind. Taufpaten begleiten das Kind bei seiner religiösen Entwicklung und unterstützen die Eltern in Erziehungsfragen. Besteht der Wunsch, als Taufpate im Ernstfall die Vormundschaft zu übernehmen, ist eine entsprechende Sorgerechtsverfügung nötig.
Sorgerechtsverfügung korrekt anfertigen
Eine Sorgerechtsverfügung gilt als Testament und unterliegt den gleichen gesetzlichen Regeln. Daher ist es wichtig, die Sorgerechtsverfügung richtig zu verfassen, damit alles rechtssicher und eindeutig ist und im Ernstfall keine unvorhergesehenen Probleme entstehen. Die Verfügung sollte
- eindeutig als Sorgerechtsverfügung gekennzeichnet sein
- komplett eigenständig und handschriftlich verfasst sein
- Ort und Datum enthalten
- mit Vor- und Nachnamen unterschrieben werden
Sind Sie als Eltern verheiratet, reicht es aus, wenn einer von Ihnen die Verfügung handschriftlich erstellt und der andere ebenfalls unterschreibt. Oder jeder Elternteil verfasst ein eigenes Dokument, z. B. bei nicht verheirateten Eltern. Bestimmen Sie beide jeweils einen anderen Vormund, gilt die Sorgerechtsverfügung des zuletzt verstorbenen Elternteils.
Muster für Sorgerechtsverfügungen – nur als Vorlage
Es reicht nicht aus, ein Muster einer Sorgerechtsverfügung aus dem Internet auszudrucken und zu unterschreiben oder eine Vorlage digital auszufüllen. Sie können sich zwar an Formulierungen aus dem Internet orientieren, die Sorgerechtsverfügung muss aber eigenhändig und handschriftlich verfasst werden, um gültig zu sein: Über Ihre Handschrift lässt sich einwandfrei nachweisen, dass Sie die Verfügung selbst erstellt haben.
Vormund in der Sorgerechtsverfügung benennen
Das Kernstück einer Sorgerechtsverfügung ist die Angabe eines Vormunds. Am besten nennen Sie zusätzlich eine Ersatzperson. Denn ist Ihr möglicher Vormund zum Zeitpunkt Ihres Todes noch minderjährig oder leidet an einer schweren Krankheit, akzeptiert ihn das Gericht wahrscheinlich nicht. Eine Ersatzperson erhöht die Chancen, dass das Gericht Ihren Wunsch berücksichtigt. Zusätzlich können Sie in der Sorgerechtsverfügung begründen, warum Sie diesen Vormund gewählt haben.
Nicht jeder kann oder will die große Verantwortung tragen, sich bis zur Volljährigkeit um ein oder mehrere Kinder zu kümmern. Sie sind zwar nicht zur Einholung eines Einverständnisses verpflichtet, dennoch gilt: Sprechen Sie unbedingt mit den Personen, die Sie zum Vormund ernennen. Tauschen Sie sich über Ihre Erziehungskonzepte und -wünsche sowie mögliche Bedenken aus.
Was kostet eine Sorgerechtsverfügung?
Sofern Sie die Sorgerechtsverfügung selbst erstellen und bei sich zuhause oder beim benannten Vormund aufbewahren, fallen keinerlei Kosten an.
Sie können Ihre Sorgerechtsverfügung aber auch von einem Notar verfassen und beurkunden lassen. In diesem Fall müssen Sie mit entsprechenden Kosten rechnen. Auch das Hinterlegen der Sorgerechtsverfügung beim Notar kostet Geld, dabei können bis zu 150 € anfallen.
Beim Verfassen kann Ihnen auch ein Rechtsanwalt für Familienrecht helfen. Dies empfiehlt sich vor allem bei komplizierten Familienverhältnissen.
Sorgerechtsverfügung: Mustersätze
Ihre Sorgerechtsverfügung können Sie an diese Beispielformulierungen anlehnen. Damit können Sie einen Vormund sowie eine Ersatzperson benennen und, wenn gewünscht, eine Person als Vormund ausschließen.
- Benennung eines Vormunds
Ich, [Ihr Vor- und Nachname], benenne für den Fall, dass ich die elterliche Sorge nicht mehr ausüben kann, für meine minderjährigen Kinder [Vor- und Nachnamen] folgenden Vormund: [Vor- und Nachname des Vormunds, Geburtsdatum und -ort]
- Benennung einer Ersatzperson
Wenn die vorhergehend genannte Person nicht als Vormund eingesetzt werden kann, soll die im Folgenden genannte Person ersatzweise zum Vormund bestellt werden: [Vor- und Nachname des Ersatzvormunds, Geburtsdatum und -ort]
- Ausschluss einer Person als Vormund
Ich möchte nicht, dass im Fall meines Todes der Vater/die Mutter meiner Kinder als Vormund bestellt wird bzw. das Sorgerecht übertragen bekommt. Ausführliche und nachweisbare Begründung: [Notieren Sie hier Ihre Begründung.]
Sicheres Aufbewahren der Sorgerechtsverfügung
Für die Hinterlegung einer Sorgerechtsverfügung gibt es keine gesetzlichen Vorschriften. Wichtig ist, dass sie nach Ihrem Tod schnell auffindbar ist. Zur Aufbewahrung bieten sich an:
- der gewählte Vormund
- das Nachlassgericht (Testament für pauschal 75 €)
- der Notar, der die Verfügung angefertigt hat
Natürlich können Sie auch das Original amtlich verwahren lassen und dem Vormund eine Kopie geben. So sind Sie auf der sicheren Seite.
Im PDF zur Vorsorgerechtsverfügung finden Sie alle wichtigen Informationen auf einen Blick, von der Erstellung bis zur Aufbewahrung.
Fazit: Die Sorgerechtsverfügung – für eine sichere Zukunft Ihrer Kinder
Wer das Sorgerecht beim Tod beider Eltern bekommen soll, kann in einer Sorgerechtsverfügung festgehalten werden. Im Ernstfall ersparen Sie damit Ihrem trauernden Kind Unsicherheiten und möglicherweise sogar Aufenthalte im Heim.
Auch wenn Sie alleinerziehend sind und nicht möchten, dass das Kind beim anderen Elternteil aufwächst, sollten Sie eine fundiert begründete Sorgerechtsverfügung verfassen. Das gilt auch, wenn Sie z. B. dem Taufpaten Ihres Kindes die Verantwortung für die Erziehung übertragen möchten. Wichtig ist, dass Sie die Formalitäten beim Verfassen einhalten und dass die Verfügung im Ernstfall schnell gefunden wird.
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