Freie Patientenwahl
Die Wahl des Arztes ist normalerweise frei (vgl. § 76 SGB V). Aber ist ein Arzt in seiner Wahl genauso frei? Oder ist er verpflichtet, jeden zu behandeln, der zu ihm kommt?
Die Antwort hängt davon ab, ob es sich um einen Kassenarzt oder um einen privat abrechnenden Arzt handelt.
Kassenärzte
Kassenärzte haben sich verpflichtet, an der medizinischen Versorgung der Kassenpatienten teilzunehmen. Ein Kassenarzt darf einen Kassenpatienten daher nicht ablehnen. Es sei denn, er hat keinen Termin frei.
Privat abrechnende Ärzte
Der privat abrechnende Arzt kann sich seine Patienten frei aussuchen. Und ohne triftigen Grund jemanden ablehnen.
Inhalt der Behandlungspflicht
Jeder Arzt schuldet eine sorgfältige, an den neuesten Erkenntnissen der Medizin ausgerichtete, persönliche Behandlung. Was das genau bedeutet, hängt vom Einzelfall ab. Folgende Tätigkeiten muss der Arzt vornehmen:
- Anamnese
Der Arzt erforscht die Vorgeschichte der Erkrankung.
- Befunderhebung
Der Arzt untersucht den Patienten.
- Diagnostik
Der Arzt leitet aus seinen Untersuchungsergebnissen eine Diagnose ab. Er ist verpflichtet, diese in jeder Phase der Behandlung zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren (vgl. Urteil des OLG Stuttgart vom 23.03.1989, abgedruckt in MedR 1989, Seite 251).
- Therapie
Nach der Diagnose muss sich der Arzt für eine bestimmte Therapie entscheiden. Er muss die Therapie wählen, die nach dem Stand der Wissenschaft am wirkungsvollsten erscheint und die geringsten Risiken birgt.
- Nachsorge
Für einen optimal verlaufenden Heilprozess ist die ärztliche Nachbehandlung unersetzlich.
Dem Arzt kann auf jeder Stufe ein Fehler unterlaufen. Das nennt man dann Behandlungs- oder Kunstfehler. Welche Folgen sich daraus ergeben, können Sie hier nachlesen.
Grenzen der Behandlungspflicht
Die ärztliche Behandlungspflicht endet, wenn Sie als Patient das möchten. In Ausnahmefällen darf sich ein Arzt damit aber nicht abfinden. Und zwar dann, wenn das Unterlassen der Behandlung unweigerlich zum Tod des Patienten führen würde. In diesem Fall ist der behandelnde Arzt verpflichtet, erneut auf seinen Patienten zuzugehen und ihn von der Notwendigkeit der Behandlung zu überzeugen.
Die ärztliche Behandlungspflicht endet auch dann, wenn der Arzt selbst die Behandlung abbricht. Dazu ist jeder Arzt berechtigt, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und Ihnen grundlegend gestört ist. Das ist anzunehmen, wenn Sie
- sich nicht an die ärztlichen Anordnungen halten,
- vom Allgemeinarzt eine Facharztbehandlung fordern,
- von Ihrem Arzt eine standes - oder sittenwidrige Tätigkeit verlangen würden (z. B. die eigene Tötung),
- den Arzt drangsalieren durch ständige ungerechtfertigte Beschwerden, dauernde nächtliche Anrufe oder Forderungen nach unnötigen Hausbesuchen,
- Schummeleien zulasten der Krankenkasse verlangen würden (Berechnung nicht durchgeführter Leistungen und tatsächliche Durchführung anderer, nicht erstattungsfähiger Behandlungen).
Wichtige Vorschriften
§ 323 c StGB Unterlassene Hilfeleistung
§ 76 SGB V Freie Arztwahl
Urteil des OLG Stuttgart vom 23.03.1989, abgedruckt in MedR 1989, Seite 251
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